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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0382
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Solms

unsertwillen mensch worden, uf das er das gesetz
und allen willen Gottes fur uns und uns zu gut er-
fülle, den todt und alles, was wir mit unsern sünden
verschuldet hatten, fur uns und zu unser erledi-
gung52 auf sich neme und bezale. Und domit wir ja
das festiglich glauben, frölich in seinem willen leben
mögten, nam er im abendtmahl das brodt, saget
danck, brachs und sprach: Nemet hin und esset, das
ist mein leib, der fur euch gegeben wirdt; das ist, das
ich mensch bin worden und alles, was ich leide und
thue, ist alles ewer eigen, fur euch und euch zu gute
geschehen. Des | 10r | zu einem gewissen anzeige und
gezeugnus und das ir immer in mir pleiben und leben
und ich in euch, gebe ich euch meinen leib zur speise.
Deßgleichen nam er auch den kelch und sprach:
Nemet hin und drincket alle daraus, das ist der
kelch des newen testaments in meinem blut, der fur
euch und fur viele vergossen wirdt zur vergebung
der sünden. So offt ir das thut, solt ir mein darbei
gedencken, das ist, dieweil ich mich ewer angenom-
men und ewer sünde auf mich geladen hab, will ich
mich selbst fur die sünde in den todt opffern, mein
blut vergiessen, euch gnad und vergebung der sün-
den erwerben und also ein new testament ufrichten,
darinen die sünde vergeben und ewig nit mehr soll
gedacht werden. Deß zu einem gewissen anzeigen
und zeugknus und zur stercke, auch furderung mei-
nes lebens in euch, gebe ich euch mein blut zu-
drincken.
Wer nun also von diesem brodt isset und von
diesem kelch drincket, auch diesen wortten, so er
von Christo höret, festiglich glaubet und dis sacra-
ment zur erinnerung und bestetigung seines glau-
bens empfehet, der pleibt in dem hern Christo und
Christus in ime, wie er selbst sagt, Johannis am
sechsten capitel [56], und wirdt ewiglich leben. Also
sollen wir nun sein darbei gedencken und seinen todt
verköndigen, nemlich das er fur unsre sünde sey ge-
storben und zu unser rechtferttigung wider aufer-
standen, und ime ewig lob |10v| und danck darumb
sagen. Es soll auch ein ider sein kreutz uf sich nemen
h_,i Dieser Abschnitt ist mit Noten versehen.
52 Erlösung.
53 Didache 9,4; vgl. Wengst, Didache, S. 81.

und ime nachvolgen und nach seinem gebott seinen
nechsten lieben wie er, unser herr und Gott, uns ge-
liebet hat, dan wie sanct Paulus, 1. Corinth. 10 [17]
sagt, seint wir alle ein brodt und ein leib, weil wir
alle eines brots teilhafftig sein und aus einem kelch
drincken. Dan zu gleicher weise, wie auß vielen be-
erlein zusamengekeltert ein wein und ein dranck
fleust und sich ineinander menget und auß vielen
körnlein ein mehl gemahlen, ein brodt und kuch ge-
backen wirdt53, also sollen wir alle, so durch den
glauben Christo eingeleibet sein, durch bruderliche
liebe umb Christus unsers liebsten heilands willen,
der unß zuvor so hoch geliebet hat, alle ein leib,
dranck, kuchen und brodt werden und solches ge-
geneinander nit in lehren wortten, sondern mit der
thatt und warheit, wie Johannes lehret54, one allen
drug trewlich beweisen; das helff uns der barmhert-
zig, allmechtige Gott und vatter unsers lieben hern
Jhesu Christi durch seinen heiligen geist, amen.
Lasset uns beten:
Unser vatter, der du bist in dem hiemel, geheiliget
werde dein nhame, zukomme dein reich. Dein wille
geschehe wie im hiemel also auch auf erden. Unser
täglich brodt gib uns heut. Und vergib uns unsere
schuldt, als wir vergeben unsern schuldigern. Und
nicht | 11r | fhüre unß in versuchung, sondern erlöse
uns von dem bösen, dan dein ist das reich, die krafft
und die herlichkeit in ewigkheit, amen55.
Uff dieses soll der pfarher, nachdem er brodt und
wein zu des hern nachtmal fur sich gestelt, die stiff-
tung des abentmals, wie solches die evangelisten
und S. Paulus56 beschriben, mit lauter stim ver-
stentlich zum altar gewandt singen oder lesen:
h Unser her Jhesus Christus, in der nacht, da er ver-
rathen ward, nam das brodt, danckt und brachs und
gabs seinen jüngern und sprach: Nemet hin und es-
set, das ist mein leib, der fur euch gegeben wirt.
Solchs thut zu meinem gedechtnus. Deßgleichen
54 1Joh 3,18.
55 Mt 6,9-13.
56 Mt 26,26-28; Mk 14,22-24; Lk 22,19-20; 1Kor 11,23-25.

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