Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0383
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
9. Kirchenordnung für Solms-Laubach [1576-1580]

nam er auch den kelch nach dem abent-1 11v| mal,
danckt, gab ihn den und sprach: Drincket alle dar-
aus, dieser kelch ist das new testament in meinem
blut, das fur euch vergossen wirt zur vergebung der
sünden. Solchs thut, so oft irs drincket, zu meiner
gedechtnush
Hieruf gehen die communicanten ordenlich hinzu,
empfangen erstlich den leib Christi, darzu sagt der
pfarher: Nim hin und iß, das ist der leib Christi, der
fur dich gegeben ist; und in darreichung des kelchs
spricht er: Nim hin und drinck, das ist das blut des
newen testaments, das fur deine sünde vergossen ist.
Dieweil biß hieher eine onordnung mit dem hinzu-
gehen gespürt, und domit alles ordenlich geschehen
möge, so soll der pfarher seine zuhörer underrichten,
das in dem hinzugehen erstlich die junge und ledige
gesellen, danach die menner, daruf die jungfrawen
und letstlich die weiber mit reverentz und knie beu-
gen hinzugehen und solang stehen pleiben, biß der
pfarher obgemelte wortt auch geredt.
Underdes, dieweil der pfarher das abentmal rei-
chet, soll der schulmeister und schüler singen: Gott
sei gelobet und gebenedeiet57 oder: Jhesus |12r |
Christus, unser heilandt58 oder einen andern im
psalmenbuch darzu verzeichneten gesang, biß der
actus volendet.
So man die communicanten alle also versehen, singe
oder lese der pfarher wie volgt:
Lasset uns Gott dancken:
Wir dancken dir, allmechtiger herr Gott, das du
uns durch diese heilsame gabe hast erquicket, und
bitten deine barmhertzigkeit, du wollest uns solches
gedeien lassen zu starckem glauben gegen dir und zu
brönstiger liebe under uns allen durch Jhesum Chri-
stum, deinen sohn, unsern hern, amen.
Letstlich hieruf spreche der pfar[er] den segen:
Der herr segene dich und behüte dich. Der herr
erleuchte sein angesicht uber dir und sey dir gnedig.
57 Luther, Gott sei gelobet und gebenedeiet, AWA 4, Nr. 4.
58 Luther, Jesus Christus, unser Heiland, AWA 4, Nr. 6.

Der her erheb sein angesicht uf dich und gebe dir
friden, amen59.
Und lasse demnach das volck gehen.
Wofer die leute sich langsam zum nachtmal finden,
soll der pfarherr sie darzu vermanen, das sie öfter
zur communion kommen, dan gwißlich wahr, wo das
hertz kalt ist in betrachtung seiner sünden und in
der anruffung, da ist auch der trost und die com-
munio weniger geachtet. Nun sollen wir teglich fur
und fur unsere sünde betrachten und hertzlich fur
Gottes zorn erschrecken und ernstlich bitten, das
uns Gott gnedig sein wölle umb seines sohns willen.
Und wo nicht hertzlich begirde ist zur communion,
da ist |12v | gewißlich keine ernstliche rew und
schrecken fur den sünden. So ist auch das gebett
und dancksagung kalt und faul, wo man der com-
munion nit achtet.
Es soll auch der pfarherr seine zuhörer abweisen
von der bösen gewonheit, so aus dem pabstumb her-
geflossen, da sie fast das gantze jar hingehen und
des nachtmals nit begeren biß uf weienachten und
ostern, als wan es zur selben zeit krefftiger als sonst,
wollen also ein verdinstlich werck daraus machen,
domit sie solcher bösen gewonheit abstehen und
durchs jar offt hinzu kommen, iren schwachen glau-
ben zustercken.
So findet man auch viele, welche sich des nacht-
mals darumb enthalten und den schein furwenden,
das sie mit etlichen personen in oneinigkeit leben.
Dieses ist noch mehr zustrafen, dan da häuffen sich
viel sünden, nemlich der haß wider den nechsten
und die underlassung der communion. Und so die
oneinigkeit die communion verhindert, verhindert
sie auch das gebett und anruffung. Nun ist ja das
eusserste übel, wan ein mensch Gott nicht anruffen
kan. Darumb sollen alle menschen in sollichem fall
recht underrichtet sein, das sie sich nicht selbst von
Gott abreissen und entlich in verzweifelung fallen,
sondern gedencken, wie das gewissen gegen Gott
und dem nechsten stehen soll. Wer onrecht hat, soll
versönung suchen. Wer aber nicht onrecht hat, soll
viel weiniger mit Gott zörnen, sondern sein[em] ge-
59 Num 6,24-26.

363
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften