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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0393
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9. Kirchenordnung für Solms-Laubach [1576-1580]

keit, sintemal unser lieber herr Gott euch nun in
seinen augen hat nicht als einen bösen, verdambten
sünder, von Adam geboren, sondern als ein gantz
gerechtes, heiliges, liebes kindt in Christo, in wel-
ches gerechtigkeit und leben ir so gewißlich leben
und selig sein sollet (sofer ir es glaubt) ewiglich, als
gewiß und warhaftig er nicht in seinem 25v | eige-
nen, sondern in ewern sünden Gottes zorn gedragen
[hat] und gestorben ist, so tröstet euch solcher gna-
den und wisset, das die sünde, Gottes gericht, der
todt und hell gar nichts mehr mit euch zuschaffen
haben, sondern Christus, das einige lamb Gottes,
tregt sie, Johannis am ersten capitel [29], der sie uf
sich genommen und durch sich selbst uberwunden,
auch ewig getilget hat, derhalben ir in demselbigen
ewerm hern Jhesu Christo aller gnaden, trosts, heils
und seligkeit zu Gott dem vatter euch versehen und
in sollicher tröstlichen zuversicht euch in seinen gne-
digen veterlichen willen ergeben sollet und sagen:
Der herr ist mein liecht, vor wem solt ich mich
forchten?101 Mein vatter im hiemel, dein will ge-
schehe, in deine hende bevelhe ich meinen
geist102, amen.
Wie man den krancken uf ir begeren
das nachtmal soll reichen
Dieweil das sacrament des nachtmals von unserm
hern Christo dahin gemeint und verordnet ist, das
durch desselbigen niessung das blöd103, zaghafft ge-
wissen im rechten glauben und vertrawen gesterckt
werde, und aber der krancke, in ansehung, das er
durch schwachheit des leibs zur schwacheit des glau-
bens vielfeltig gereitzt und in allerley anfechtung
gezogen wirdt, der sterckung des glaubens fast104
notturfftig ist, so soll er auch uf sein christlich ge-
bürlich begeren und bekantnus seiner sünden, auch
glaubens in Christum Jhesum, mit dem sacrament
des nachtmahls versehen werden. Dan wiewoll das
nachtmal in gemeiner versamblung der 26r | kirchen
furnemlich zuhalten ist, idoch, dieweil Christus
101 Ps 27,1.
102 Lk 23,46.
103 Schwache.
104 Sehr.

spricht: Wo zwen oder drei in meinem nhamen zu-
samenkommen, da bin ich mitten under inen105, so
gibt er hiemit zuverstehen, das auch eine kirche
Christi sey, wo sich ein kirchendiener und ein
krancker im nhamen Christi beieinander finden. So
ist der krancke, welcher warhaftig in Christum
glaubt, nicht weiniger ein glied Christi und der kir-
chen, dan ein krancker hat auch seine gerechtigkeit
zu denen gütern der christenlichen kirchen (under
welchen das sacrament des nachtmals nicht das ge-
ringste ist) ebenso woll alß die gesunden. Darumb
soll ime das nachtmal uff sein gebürlich begeren
keinswegs abgeschlagen werden.
Wan nun also der kranck zuvor durch Gottes
wortt underrichtet, er seine bekantnus gethan und
die absolution vom pfarher empfangen, so bereite
man den disch mit brodt und wein ehrlich106, mit
ufgelegtem duch etc. zu der communion, und wan
solches geschehen, spreche der pfarher dem kran-
cken einen feinen, tröstlichen bedtpsalmen vor, alß
den 25.: Nach dir, her, verlanget mich. Mein Gott,
ich hoffe uf dich; laß mich nicht zuschanden werden,
das sich meine feinde nicht frewen uber mich, dan
keiner wirt zuschanden, der deiner harret, aber zu-
schanden mussen werden die losen10' verächter.
Herr, zeige mir deine wege und lehre mich deine
steige. Leite mich in deiner warheit und lehre mich,
das du bist der Gott, der mir hilfft; täglich harre ich
dein. Bedenck, 26v | herr, an deine barmhertzigkeit
und an deine güte, die vor der weldt gewesen ist.
Gedenck nicht der sünden meiner jugendt und mei-
ner ubertrettung, gedenck aber mein nach deiner
barmhertzigkeit, umb deiner güte willen. Der herr
ist gut und fromb, darumb underweiset er die sün-
der uf dem wege. Er leitet die elenden recht und
lehret die elenden seinen weg. Die wege des hern
seint eitel güte und warheit denen, die seinen bundt
und zeugnus halten. Umb deines nhamens willen,
herr, sey gnedig meiner missethat, die da groß ist.
Wer ist der, der den hern förchtet? Er wirt inen un-
derweisen den besten weg, seine seele wirt im guten
105 Mt 18,20.
106 Ehrerbietig.
107 Leichtfertigen.

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