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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0406
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Solms

wirdest, so bistu warhafftig zu Gott bekhert, bist
ein kindt Gottes und hast einen gnedigen vatter im
hiemel umb Christi willen, der deine sünde uf sich
genommen, dieselbige an seinem leibe gedragen und
gebüsset und dich durch solches opfer von allen dei-
nen sünden und was dich der sünden halben anfech-
ten mag, erlöset und erlediget hat und empfehest
das sacrament würdiglich und recht. Auf das du
aber nun solches trostes desto gewisser sein mögest,
so höre itzt mit fleiß das wortt der absolution, wel-
ches ich dir verkondigen und mitteilen werde, dar-
durch dir solche gnad fur deine person selbst und
insonderheit zugeeigenet und applicirt wirdt, welche
du auch also und anders nit annemen und mit so
festem und gewißem glauben | 43v | ergreiffen solt,
als ob dir Gott selbst durch eine sondere stimme
vom hiemel herab solche gnad und vergebung der
sünden zusagt, nemlich etc., ut infra155.
Zum dritten, wan aber ein solcher mensch kompt,
der da spricht: Wurdiger, lieber her, ich komme und
wolt mich auch gerne erzeigen, wie einem frommen
christenmenschen gebürt, so weiß ich nicht, wie ich
mich darzu schicken soll, darumb bitte ich, ir wollet
mich das beste underrichten. Mit demselben mag
man also handlen:
Erstlich, so frage man ihn: Lieber freundt, weistu
auch die zehen gebott156 Gottes oder den christli-
chen glauben1157? Antwurt er: ja, ich weiß ein weinig
darvon, so underrichte man inen weitter; antwurt er
aber: nein, ich kan sie leider nicht, so halte man ihn
entweder noch ein monat auf, bis er es lerne, beson-
der wan er jung ist, oder aber, da er alt und betagt,
so strafe man inen darumb und rure ime das gewi-
ßen wohl, ehe man inen trostet, also:
Lieber freunt, dieweil du weder die zehen gebott
noch den christlichen glauben weist, so ists gewiß,
das du die zehen gebott auch nicht gehalten noch
viel weiniger wie ein christ geglaubet und gelebt
hast, solliches aber ist die allergrösseste sünde, die
ein mensch thuen mag, so gar nicht nach Gott fra-
gen, das du 20, 30, 40 jar dahin gehest, brauchest
155 Siehe unten, S. 387.
156 Siehe oben, Anm. 152.

täglich so vieler gottesgaben und güter und lässest
dir geben leib, seele, sinne, vernunfft, essen, drin-
cken und alle notturfft, ja lässest dir seinen sohn [
44r | dienen mit seinem leiden und todt zu deiner
erlösung und seligkeit, lässest darvon alle tage pre-
digen und gehest gleichwoll also dahin, das du nicht
einmahl gedenckest noch darnach fragest, was du
dem lieben, barmhertzigen Gott zu lob, danck und
dienst fur solliche grosse und mannichfaltige woll-
that auch schuldig und pflichtig seiest, dan da muß
gewißlich der teufel allen seinen willen haben und
dein hertz, das so gar nichts von Gott weiß noch
lernen will, mit gwalt dreiben und reissen immerdar
von einer sünden zu der andern, darumb gedenck,
wan du itzunder sterben soltest, das du solche grau-
same verachtung Gottes und seines heiligen worts
vor seinem strengen gericht gewißlich niemermehr
wurdest verantwortten können, sondern mustest
darinnen verzweifeln und ewiglich verloren sein.
Dieweil dir nun aber unser lieber herr Gott dein
leben fristet, so gedencke, das du dir solche grewli-
che sünde lassest hertzlichen leidt sein. Bitte Gott
umb gnad und thue deinen fleiß, auch darbei sein
heiliges wortt und evangelium mit ernst zuhören
und den catechismum zulernen, darnach auch zule-
ben und from zusein etc. Da du nun solches thuen
wilt und lässest dir deine sünde leidt sein, so wisse
und lerne itzt weiter, das, gleich wie Gott der sün-
den ernstlich feiendt ist und will dieselbigen gewiß-
lich ongestraft nicht lassen, 44v | also ist er darge-
gen auch widerumb gnedig und barmhertzig allen
denen, die sich zu ime bekehren, und hat seinen lie-
ben sohn umb unseretwillen dahin gegeben, das er
ist mensch worden, hat fur uns gelitten, ist am
kreutz gestorben, ins grab gelegt und am dritten
tage wider auferstanden von den todten und dar-
durch alle unsere sünde hinweg genommen und ge-
tilget, sitzet nur zur rechten seines himlischen vaters
und vertritt uns bei Gott, wie wir dan solches in
unserm christlichen glauben bekennen. Wer nun an
diesen Christum glaubet und gnad bei Gott durch
ihn suchet, den will Gott auch zu gnaden annemen
und ime alle sünde vertzeihen und vergeben, deß
157 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.

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