9. Kirchenordnung für Solms-Laubach [1576-1580]
ihn anstatt Gottes des allmechtigen und unsers hern
Jhesu Christi in allen dingen, so er aus dem bevelch
Gottes lehren wirdt, fleissig hören, folgen und ge-
horsam sein. Nachdem aber Paulus in der zweiten
[epistel] zu den Corinthern am 4. capitel [7] sagt, das
solliche schätze in irdischen gefässen gedragen wer-
den, domit er anzeigen will, das Gott der allmechtig
nicht durch engell, sondern durch arme, elende,
schwache und gebrechliche menschen solche seine
ämpter bis zu ende der weldt verwalten und verse-
hen lassen wölle, so wollen wir euch erinnert und
gebetten haben, ob dieser |58r | ewer pfarher auß
menschlicher blödigkeit183 in seinem leben und wan-
dell sich nicht allwegen so volnkommen, als seinem
hohen ambt woll ansteet und gebürt, halten wurde,
das ir euch nicht leichtlichen darob ergern wollet,
sondern ein christliches, freuntliches mitleiden mit
ime haben und Gott den allmechtigen hertzlich und
fleissig fur inen bitten, wie er dan auch hinwider in
gleichen fällen sich gegen euch als seinen pfarrkin-
dern christlich, freuntlich und mitleidenlich ertzei-
gen, halten und Gott trewlich fur euch bitten soll,
domit einer des andern bürde drage, wie Pau-
lus184 sagt, und also das gesetz Christi erfüllet wer-
de.
Lasset uns miteinander beten:
Allmechtiger, ewiger Gott vatter, der du uns
hast durch Jhesum Christum, unsern einigen mei-
ster, also gelehret: Die ärnde ist gros, aber weinig
seint der arbeiter. Darumb bittet den hern der ärn-
de, das er arbeiter in seine ärnde sende185; welche
wortt unß ermanen, gute arbeiter, das ist gute pre-
diger, von deinen gnaden mit ernstlich gebett zufor-
dern. Wir bitten deine grontlose barmhertzigkeit,
das du wollest ein gnedig aufsehen haben auf diesen
y-v Von jüngerer Hand. Der Schriftvergleich mit Dokumen-
ten aus dem Bestand GSLA Laubach A-XLVIII-A legt
nahe, dass der Zusatz von Johannes Korybander
stammt, der am 29. Juni 1629 ein Schreiben an Albrecht
Otto Bilgen, Rat und Sekretar der Laubacher Grafen,
sandte.
183 Schwachheit.
184 Gal 6,2.
185 Mt 9,37-38; Lk 10,2.
186 Vgl. Joh 1,1.14.
187 Zu bedrohen.
deinen diener, unsern erwelten prediger, das er fleis-
sig sey, mit deinem wortt186, Christum Jhesum, un-
sere einige seligkheit, zupredigen, die gewissen zu-
underrichten und zutrösten, zustrafen und zube-
drawen187, 58v | auch zuermanen mit aller langmü-
tigkeit und lehren, das ja das evangelion rein, one
zusatz menschlicher lehre stets bei uns pleibe und
frucht bringe der ewigen seligkeit under uns allen,
durch denselben, deinen lieben sohn, unsern hern
Jhesum Christum, amen.
Sollich einstellen188 soll durch einen kirchendiener
im beiwesen der beambten geschehen und daruf der
pfarherr alßbaldt zupredigen aufgestellet werden.
Beschließlichen wollen wir auch, wan ein newer
pfarher angenommen und derselb nit ordinirt were,
das denselben ufs ehist und eher er seinen angenom-
men dinst beziehe, andere unsere kirchendiener of-
fentlich ordiniren und bestettigen. | 59r |
yB[eatus] Lutherus
Sündt vermeiden ist ein schrein,
gedult in leiden lege darein,
guttes vor arges lege darzu,
willig in armuth, nun schleuß zu189.
Furchte Gott, eltern unndt herrschafft dein,
ihr wortt, zucht, straff dier lieb laß sein.
Die prister, weibsbildt, alten ehr,
dein lob, standt, guth ohne scheu vermehr.
Darneben friedtsamb, keusch, warhafftig sey,
mitt Gott frölich, freundtlich, diensthafft darbey,
unndt glaube, rede, richt ja gehling190 nitt,
so giebt Gott seegen, glück undt friedty191.
188 Amtseinführung.
189 Diese Verse stammen aus Elisabeth von Braunschweig-
Lüneburgs „Der Widwen Handbüchlein“, das 1598 ge-
druckt wurde, siehe Kruse, Britta-Juliane, Wit-
wen. Kulturgeschichte eines Standes in Spätmittelalter
und Früher Neuzeit, Berlin 2007, S. 130.
190 Gähling = Jäh, überstürzt, Grimm, DWb 4, Sp. 1147.
191 Paul Ebers Lied „Fürchte Gott, Eltern und Herrschaft
dein“ aus der „Cithara Christiana. Psalmodiarum sa-
crarum libri septem, Leipzig 1585“, VD16 L741;
Wackernagel, Kirchenlied IV, S. 5f. und Anm.
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ihn anstatt Gottes des allmechtigen und unsers hern
Jhesu Christi in allen dingen, so er aus dem bevelch
Gottes lehren wirdt, fleissig hören, folgen und ge-
horsam sein. Nachdem aber Paulus in der zweiten
[epistel] zu den Corinthern am 4. capitel [7] sagt, das
solliche schätze in irdischen gefässen gedragen wer-
den, domit er anzeigen will, das Gott der allmechtig
nicht durch engell, sondern durch arme, elende,
schwache und gebrechliche menschen solche seine
ämpter bis zu ende der weldt verwalten und verse-
hen lassen wölle, so wollen wir euch erinnert und
gebetten haben, ob dieser |58r | ewer pfarher auß
menschlicher blödigkeit183 in seinem leben und wan-
dell sich nicht allwegen so volnkommen, als seinem
hohen ambt woll ansteet und gebürt, halten wurde,
das ir euch nicht leichtlichen darob ergern wollet,
sondern ein christliches, freuntliches mitleiden mit
ime haben und Gott den allmechtigen hertzlich und
fleissig fur inen bitten, wie er dan auch hinwider in
gleichen fällen sich gegen euch als seinen pfarrkin-
dern christlich, freuntlich und mitleidenlich ertzei-
gen, halten und Gott trewlich fur euch bitten soll,
domit einer des andern bürde drage, wie Pau-
lus184 sagt, und also das gesetz Christi erfüllet wer-
de.
Lasset uns miteinander beten:
Allmechtiger, ewiger Gott vatter, der du uns
hast durch Jhesum Christum, unsern einigen mei-
ster, also gelehret: Die ärnde ist gros, aber weinig
seint der arbeiter. Darumb bittet den hern der ärn-
de, das er arbeiter in seine ärnde sende185; welche
wortt unß ermanen, gute arbeiter, das ist gute pre-
diger, von deinen gnaden mit ernstlich gebett zufor-
dern. Wir bitten deine grontlose barmhertzigkeit,
das du wollest ein gnedig aufsehen haben auf diesen
y-v Von jüngerer Hand. Der Schriftvergleich mit Dokumen-
ten aus dem Bestand GSLA Laubach A-XLVIII-A legt
nahe, dass der Zusatz von Johannes Korybander
stammt, der am 29. Juni 1629 ein Schreiben an Albrecht
Otto Bilgen, Rat und Sekretar der Laubacher Grafen,
sandte.
183 Schwachheit.
184 Gal 6,2.
185 Mt 9,37-38; Lk 10,2.
186 Vgl. Joh 1,1.14.
187 Zu bedrohen.
deinen diener, unsern erwelten prediger, das er fleis-
sig sey, mit deinem wortt186, Christum Jhesum, un-
sere einige seligkheit, zupredigen, die gewissen zu-
underrichten und zutrösten, zustrafen und zube-
drawen187, 58v | auch zuermanen mit aller langmü-
tigkeit und lehren, das ja das evangelion rein, one
zusatz menschlicher lehre stets bei uns pleibe und
frucht bringe der ewigen seligkeit under uns allen,
durch denselben, deinen lieben sohn, unsern hern
Jhesum Christum, amen.
Sollich einstellen188 soll durch einen kirchendiener
im beiwesen der beambten geschehen und daruf der
pfarherr alßbaldt zupredigen aufgestellet werden.
Beschließlichen wollen wir auch, wan ein newer
pfarher angenommen und derselb nit ordinirt were,
das denselben ufs ehist und eher er seinen angenom-
men dinst beziehe, andere unsere kirchendiener of-
fentlich ordiniren und bestettigen. | 59r |
yB[eatus] Lutherus
Sündt vermeiden ist ein schrein,
gedult in leiden lege darein,
guttes vor arges lege darzu,
willig in armuth, nun schleuß zu189.
Furchte Gott, eltern unndt herrschafft dein,
ihr wortt, zucht, straff dier lieb laß sein.
Die prister, weibsbildt, alten ehr,
dein lob, standt, guth ohne scheu vermehr.
Darneben friedtsamb, keusch, warhafftig sey,
mitt Gott frölich, freundtlich, diensthafft darbey,
unndt glaube, rede, richt ja gehling190 nitt,
so giebt Gott seegen, glück undt friedty191.
188 Amtseinführung.
189 Diese Verse stammen aus Elisabeth von Braunschweig-
Lüneburgs „Der Widwen Handbüchlein“, das 1598 ge-
druckt wurde, siehe Kruse, Britta-Juliane, Wit-
wen. Kulturgeschichte eines Standes in Spätmittelalter
und Früher Neuzeit, Berlin 2007, S. 130.
190 Gähling = Jäh, überstürzt, Grimm, DWb 4, Sp. 1147.
191 Paul Ebers Lied „Fürchte Gott, Eltern und Herrschaft
dein“ aus der „Cithara Christiana. Psalmodiarum sa-
crarum libri septem, Leipzig 1585“, VD16 L741;
Wackernagel, Kirchenlied IV, S. 5f. und Anm.
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