Metadaten

Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0421
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
10. Kirchenzuchtordnung für Solms-Laubach 1603

sen halten und niemand vor, unter und zwischen der
Predigt ohne hohe sonderliche Noth außlassen sol-
len. Wo keine Pfortten sind, wollen wir, daß unser
Beambte sonsten gute achtung geben lassen, damit
die gemeine Versamblungen von niemandt versau-
met werden, es seye von wegen Reisens über fäldt,
fäld- oder andere arbeit, wie das Nahmen haben
mag. Und damit die Unterthanen desto fleißiger
sich zur Kirchen halten, sollen sie von jeder Per-
sohn, so ohne sonderliche Nothdurfft die Predigt ei-
nesmahl versäumet, einbringen lassen 3 Tor-
n[osen]14, ist es zweymahl geschehen, 1/2 fl, ist
mehrmalen geschehen, sollen sie ihn mit dem Thurn
straffen. Insonderheit befehlen wir ihnen, die son-
derlich zu straffen, so ihre Kinder und Dienstbotten
hinausschicken unter den Predigten, der Pferdt an
der Weydt zu hüten und also von den gemeinen Ver-
samlungen abhalten.
7. Zum Siebenden sollen unsere Unterthanen beden-
ken, wie wohl und hoch an dem Catechismo gelegen
und derowegen ihre Kinder und Dienstbotten mit
sonderem Ernst darzu halten und schicken. Die ze-
hen gebott sindt von Gott so hoch geachtet worden,
daß er sie selbsten seiner Kirchen auf dem Berg Sy-
nai fürgesprochen hat15. So hat unser Herr Christus
auch selbst das Vatter Unser16 zu bethen gelehret.
Den Christ- 137 | lichen Glauben, Symbolum Apo-
stolicum17 genannt, fürnehmlich die Artickel von
dem Sohn Gottes, unserm Herrn Jesu Christo, hat
der heilige Petrus mit gegenwärtiger Kundschafft
anderer seiner mitapostel auf dem Pfingsttag, da sie
allererst den Hl. Geist empfangen hatten, gepre-
digt18, daraußen offenbahr, daß der Catechismus ein
sehr nothwendiges, nützliches werk und allen Chri-
sten zu erlernen und zu begreiffen aufferleget sey.
Darum dann wir unsern Beambten abermahlen
ernstlich befehlen, gute achtung zu haben, damit die
Eltern und Haußhern hierinnen nicht fahrläßig sey-
en, auch, so offt einer sein Kindt oder Gesindt nicht
zum Katechismo schicken wird, ein Tornos zur
Straff von ihm einbringen. Es sollen auch alle die-
14 Siehe oben, S. 322 Anm. 8.
15 Ex 20,1-17; Dtn 5,6-21.
16 Mt 6,9-13.

jenigen, so ihren Catechismum nicht können, wann
sie freyen, nicht eingesegnet, auch zu dem Brauch
des Hochwürdigen Abendtmahls nicht zugelassen
noch zu gevatterschafften oder dergleichen ehren-
ständen verstattet werden.
8. Zum Achten. Dieweil auch die Feyertäge verord-
net seyn nicht zum unnutzen müßiggang, zur Fül-
lerey und muthwilligen Spielen oder Dantzen, son-
dern daß ein jeglicher daran Gottes Wortt und des
Gebets Wortte [lerne] und die seine[n] auch solches
lehre und lernen lasse, und welcher sie mißbraucht,
als ein Verächter göttliches Wortts der zeitlichen
und Ewigen Straffe Gottes verpflichtet ist, und wir
ob den Feyertag zu halten uns schuldig erken-
nen19, alß sollen unser Beambte auch ernstliches und
gebührliches einsehen hierin haben und diejenige, es
seye Mann oder Weib, so an den Sonn- und Feyer-
tägen dem Dantzen, sauffen oder spielen nachgehen
und darüber die Gemeine Versamblungen versau-
men, mit dem Thurn straffen.
9. Zum Neundten. Es soll auch unter den Predigten
und wann man den Catechismum lehret, niemands
uf der Gassen oder sonsten Spatzierengehen, stehen
oder zum Fenster herauß gucken, wie dann auch
nicht in den Häußern müssig sitzen und Gottes
Wordt ohne erhebliche Ursach versaumen bey Straff
3 Tornos, so offt einer also straffällig funden wird,
darauf dann unsere Beambte und sonderlich Bur-
germeister, Statt- und Dorffknecht jedes Ortts flei-
ßig Achtung haben und es anzeigen sollen, die Straff
auffzuzeichnen und einzubringen.
10. Zum Zehenden. Nachdem auch viehl Leuth ge-
funden werden, so etliche Jahr lang sich des
H. Abendmahls enthalten und ohne Zweiffel wahr,
daß, wo nicht Hertzliche Begierde ist zur Commu-
nion, auch daselbsten gewißlich keine ernstliche
Reue und schrecken für der Sünde seye; dazu das
Gebet und Dancksagung kalt und faul, wo man der
Communion nicht acht, als sollen solche Leuth, so
17 Apostolisches Glaubensbekenntnis, BSLK S. 21.
18 Apg 2,1-36.
19 Ex 20,8-11; Dtn 5,12-15.

401
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften