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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0431
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Einleitung

1. Die Schenken und Grafen von Erbach

Das Ministerialengeschlecht der Herren von Erbach lässt sich erstmals Mitte des 12. Jahrhunderts nach-
weisen. Im 13. Jahrhundert stiegen die Erbacher zu Schenken auf, die um Michelstadt, Erbach und Beerfel-
den ein zusammenhängendes Territorium erwerben konnten, dessen Mittelpunkt die Burg Erbach war. Um
1270 wurde die Herrschaft geteilt in die Linien Erbach-Erbach, Erbach-Michelstadt und Erbach-Fürste-
nau. Bei weiteren Teilungen der folgenden Jahrhunderte wurden die Bezeichnungen dieser drei Linien
immer wieder gewählt.
Die Erbacher waren pfälzische Erbschenken, die weite Teile ihres Landes als Lehen besaßen. Im wit-
telsbachischen Hausvertrag von Pavia (1329) erscheint die Herrschaft folglich als pfälzischer Besitz.1 Das
Territorium war im Westen, Süden und Osten fast ganz von den Besitzungen der mächtigen Nachbarn, des
Erzstifts Mainz und der Pfalz, eingeschlossen. Dennoch gelang es den Erbachern im 14. Jahrhundert, ihr
Herrschaftsgebiet um einige Ämter und Dörfer zu vergrößern. Im Spätmittelalter gehörten die vier Zen-
ten2 Beerfelden, Erbach, Michelstadt und Reichelsheim zu ihrem Besitz. 1556 kam die halbe Herrschaft
Breuberg3 hinzu und nach dem Aussterben der Grafen von Rieneck 1560 fielen das Amt Wildenstein im
Spessart sowie die Zenten Eschau und Kleinheubach ebenfalls an Erbach.4 1535 erwarben die Grafen vom
Erzstift Mainz das Schloss Fürstenau.5 Der größte Ort des Erbacher Territoriums war Michelstadt, das im
Jahre 1522 rund 500 Einwohner zählte. Die meisten übrigen Ortschaften und Dörfer waren wesentlich
kleiner, hier lebten weniger als 100 Menschen, die Ackerbau, Weinbau, Holzwirtschaft und Viehzucht
betrieben.6
Die Bedeutung, die das Haus Erbach im Spätmittelalter erlangt hatte, schlug sich in einer Reihe kai-
serlicher Privilegien nieder: Die Schenken von Erbach, die seit 1422 reichsunmittelbar waren und 1512 dem
fränkischen Reichskreis zugehörten,7 erlangten 1531 die Exemtion von fremden Gerichten. Im Jahr darauf
erhob Karl V. sie auf dem Regensburger Reichstag in den Reichsgrafenstand.8 1541 erwarben die Grafen
schließlich das Münzregal.9

1 Press, Erbach, S. 657; Scheible, Melanchthon,
S. 197; Kleberger, Territorialgeschichte, S. 53-57;
DI 63/9, S. XIIIf.; Scholz, Schenken, S. 30-45; Stei-
ger, Schenken, S. 125-147; Steinmetz, Schenken, S. 8-
27. Vgl. zu dem Werk von Steinmetz die Rezension von
Steiger. Zur Genealogie des Hauses Erbach siehe auch
Spies, Ergänzung, S. 72-75.
2 Die Zent war der Bezirk eines Zentgerichts, das zwischen
zehn und dreißig Orte umfassen konnte. Zentgerichte
und Zenten waren vor allem im Mosel- und Rheinland,
in der Pfalz und der Wetterau sowie in Hessen und Fran-
ken verbreitet, LMA 9, S. 536f.
3 Zu Breuberg siehe auch Becher, Familienhändel, S. 39-
58; Simon, Geschichte, S. 188-198; Kleberger, Ter-
ritorialgeschichte, S. 78-94.
4 Höreth, Erbach, S. 3; Steiger, Schenken, S. 229-234;

Simon, Geschichte, S. 195f.; Kleberger, Territorial-
geschichte, S. 78-94; DI 63/9, S. XIV-XVII.
5 Kleberger, Territorialgeschichte, S. 60-77; DI 63/9,
S. XIV; Höreth, Erbach, S. 2; Steiger, Schenken,
S. 23-77; Krebs, Fürstenau, S. 10-52. Zu den Besitzun-
gen der Erbacher im Hochmittelalter siehe Steinmetz,
Schenken, S. 30-79. Die territoriale Entwicklung der
Herrschaft Erbach bis zum 15. Jahrhundert zeichnet
Steiger, Schenken, S. 185-242 nach. Eine Liste der
Erbacher Besitzungen um 1450 ebd., S. 323f.
6 Höreth, Erbach, S. 11, 14.
7 Steiger, Schenken, S. 123.
8 Schneider, Stamm-Tafel, Urk. Nr. CLXIV, S. 330-
333; Kleberger, Territorialgeschichte, S. 53, 60;
Press, Erbach, S. 660.
9 Höreth, Erbach, S. 33-39; Kleberger, Territorial-
geschichte, S. 53, 60; Röder, Graf Georg, S. 68.

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