Einleitung
Reformationsgeschichte und die Edition einiger Texte folgt daher in weiten Teilen der älteren Literatur und
den darin abgedruckten Dokumenten.19
Mitte der 1520er Jahre hatte die reformatorische Bewegung auch die Grafschaft Erbach erreicht. Zu dieser
Zeit wurden evangelische Predigten gehalten, wie die 1526 geführten Klagen in den Briefen des Mainzer
Erzbischofs, Kardinal Albrechts von Brandenburg, bezeugen.20 Die treibenden Kräfte der evangelischen
Lehre waren die Michelstädter Altaristen Johannes Schöneck21 und Johannes Speckel22 sowie der Beerfel-
dener Vikar Michael Balneator. Der Briefwechsel Graf Eberhards XIII. mit Kardinal Albrecht erweckt den
Eindruck, dass der Graf persönlich der neuen Lehre aufgeschlossen war, jedoch aus politischen Gründen
scheinbar einlenkend auf den Druck des einflussreichen Erzbischofs reagierte. So antwortete er ihm auf
dessen Vorwurf, in der Grafschaft sei die lutterische sect eingedrungen, dass er Befehl gegeben habe, wo einer
weitters predigen wurt dan das heilig evangelium unnd wort gottes, ... in hin wegk [zu] thun unnd ein andern an
die stat [zu] setzenn.23 1527 schrieb Eberhard XIII. dem Kardinal: Wir wollen euch auch darneben nit bergen,
wo wir etwas von den unsern horen, Das sich ymants anderst dann christlich helth, den wollen wir ungestraft nit
lassen.24 Der Graf beteuerte, nicht in die Machtbefugnisse des Erzbischofs eingreifen zu wollen, sprach sich
aber auch nicht eindeutig gegen den neuen Glauben aus. Es scheint, dass Eberhard XIII. die reformato-
rische Bewegung in der Grafschaft duldete, da seit Mitte der 1520er Jahre alt- und neugläubige Zeremonien
nebeneinander praktiziert wurden.25 Die von Mainz geforderte Auslieferung der evangelischen Prediger an
das geistliche Gericht lehnte Eberhard zwar ab, die genannten Prediger lassen sich nach 1526 jedoch nicht
mehr in Erbacher Diensten nachweisen.26 Der Graf wird ihnen die Aufgabe ihrer Stellen nahegelegt haben.
Nach dem Augsburger Reichstag von 1530 lassen sich in der Grafschaft Veränderungen feststellen, die
auf den ersten Blick eine offene Hinwendung Eberhards XIII. zur Reformation erkennen lassen könnten. So
gehörte Erbach 1531 zu den Gründungsmitgliedern des Schmalkaldischen Bundes,27 und 1535 hob der Graf
das Kloster Steinbach bei Michelstadt auf und richtete dort ein Spital ein.28 Diese Maßnahmen bezeugen
jedoch weniger die Einführung der Reformation in der Grafschaft, sondern müssen vielmehr als Ausbau der
Erbacher Landesherrschaft aufgefasst werden.29
So weit man die Ereignisse aufgrund der wenigen erhaltenen Quellen beurteilen kann, war die Bevöl-
kerung der Grafschaft seit den 1530er Jahren überwiegend evangelisch, wohingegen Graf Eberhard XIII.
seine Haltung zur neuen Lehre im ungewissen ließ.30
19 Krebs, Fürstenau, S. 241 Anm. 475; Press, Erbach,
S. 565 Anm. 6.
20 Die Briefe sind gedruckt bei zu Erbach, Reformati-
onsgeschichte, S. 656-665; vgl. Press, Erbach, S. 659f.;
Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch IV, S. 71;
Steitz, Geschichte, S. 15; Höreth, Erbach, S. 42f.
21 Die von Luck, Versuch, S. 7 geäußerte Annahme, in
Michelstadt sei ein lutherischer Pfarrer gewesen, trifft
nicht zu, vgl. Röder, Reformationsgeschichte, S. 110-
112.
22 Röder, Reformationsgeschichte, S. 98-105; Diehl,
Pfarrer- und Schulmeisterbuch IV, S. 71; Luck, Ver-
such, S. 5f.; Höreth, Erbach, S. 41; Preuschen, Kir-
chenordnung, S. 17.
23 Zitiert nach zu Erbach, Reformationsgeschichte,
S. 660f.
24 Zitiert ebd., S. 665.
2a Röder, Reformationsgeschichte, S. 104, 110; Steitz,
Geschichte, S. 15, 55.
26 Röder, Reformationsgeschichte, S. 103f.; Luck, Ver-
such, S. 5.
27 Röder, Reformationsgeschichte, S. 112-115; Diehl
Reformationsbuch, S. 317-320; Steitz, Geschichte,
S. 56; Luck, Versuch, S. 6.
28 Kunz, Kirchenordnung, S. 45; Müller, Spital, S. 159-
163. Das Kloster Lorsch erwarb 1542 das Eigentums-
recht an den Klostergebäuden, Röder, Graf Georg,
S. 70; Diehl, Evangelische Bewegung, S. 90; ders.,
Pfarrer- und Schulmeisterbuch IV, S. 73; Steitz,
Geschichte, S. 55; Luck, Versuch, S. 7f.; Höreth,
Erbach, S. 44.
29 Scheible, Melanchthon, S. 211; Höreth, Erbach,
S. 43.
30 Kunz, Kirchenordnung, S. 45.
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Reformationsgeschichte und die Edition einiger Texte folgt daher in weiten Teilen der älteren Literatur und
den darin abgedruckten Dokumenten.19
Mitte der 1520er Jahre hatte die reformatorische Bewegung auch die Grafschaft Erbach erreicht. Zu dieser
Zeit wurden evangelische Predigten gehalten, wie die 1526 geführten Klagen in den Briefen des Mainzer
Erzbischofs, Kardinal Albrechts von Brandenburg, bezeugen.20 Die treibenden Kräfte der evangelischen
Lehre waren die Michelstädter Altaristen Johannes Schöneck21 und Johannes Speckel22 sowie der Beerfel-
dener Vikar Michael Balneator. Der Briefwechsel Graf Eberhards XIII. mit Kardinal Albrecht erweckt den
Eindruck, dass der Graf persönlich der neuen Lehre aufgeschlossen war, jedoch aus politischen Gründen
scheinbar einlenkend auf den Druck des einflussreichen Erzbischofs reagierte. So antwortete er ihm auf
dessen Vorwurf, in der Grafschaft sei die lutterische sect eingedrungen, dass er Befehl gegeben habe, wo einer
weitters predigen wurt dan das heilig evangelium unnd wort gottes, ... in hin wegk [zu] thun unnd ein andern an
die stat [zu] setzenn.23 1527 schrieb Eberhard XIII. dem Kardinal: Wir wollen euch auch darneben nit bergen,
wo wir etwas von den unsern horen, Das sich ymants anderst dann christlich helth, den wollen wir ungestraft nit
lassen.24 Der Graf beteuerte, nicht in die Machtbefugnisse des Erzbischofs eingreifen zu wollen, sprach sich
aber auch nicht eindeutig gegen den neuen Glauben aus. Es scheint, dass Eberhard XIII. die reformato-
rische Bewegung in der Grafschaft duldete, da seit Mitte der 1520er Jahre alt- und neugläubige Zeremonien
nebeneinander praktiziert wurden.25 Die von Mainz geforderte Auslieferung der evangelischen Prediger an
das geistliche Gericht lehnte Eberhard zwar ab, die genannten Prediger lassen sich nach 1526 jedoch nicht
mehr in Erbacher Diensten nachweisen.26 Der Graf wird ihnen die Aufgabe ihrer Stellen nahegelegt haben.
Nach dem Augsburger Reichstag von 1530 lassen sich in der Grafschaft Veränderungen feststellen, die
auf den ersten Blick eine offene Hinwendung Eberhards XIII. zur Reformation erkennen lassen könnten. So
gehörte Erbach 1531 zu den Gründungsmitgliedern des Schmalkaldischen Bundes,27 und 1535 hob der Graf
das Kloster Steinbach bei Michelstadt auf und richtete dort ein Spital ein.28 Diese Maßnahmen bezeugen
jedoch weniger die Einführung der Reformation in der Grafschaft, sondern müssen vielmehr als Ausbau der
Erbacher Landesherrschaft aufgefasst werden.29
So weit man die Ereignisse aufgrund der wenigen erhaltenen Quellen beurteilen kann, war die Bevöl-
kerung der Grafschaft seit den 1530er Jahren überwiegend evangelisch, wohingegen Graf Eberhard XIII.
seine Haltung zur neuen Lehre im ungewissen ließ.30
19 Krebs, Fürstenau, S. 241 Anm. 475; Press, Erbach,
S. 565 Anm. 6.
20 Die Briefe sind gedruckt bei zu Erbach, Reformati-
onsgeschichte, S. 656-665; vgl. Press, Erbach, S. 659f.;
Diehl, Pfarrer- und Schulmeisterbuch IV, S. 71;
Steitz, Geschichte, S. 15; Höreth, Erbach, S. 42f.
21 Die von Luck, Versuch, S. 7 geäußerte Annahme, in
Michelstadt sei ein lutherischer Pfarrer gewesen, trifft
nicht zu, vgl. Röder, Reformationsgeschichte, S. 110-
112.
22 Röder, Reformationsgeschichte, S. 98-105; Diehl,
Pfarrer- und Schulmeisterbuch IV, S. 71; Luck, Ver-
such, S. 5f.; Höreth, Erbach, S. 41; Preuschen, Kir-
chenordnung, S. 17.
23 Zitiert nach zu Erbach, Reformationsgeschichte,
S. 660f.
24 Zitiert ebd., S. 665.
2a Röder, Reformationsgeschichte, S. 104, 110; Steitz,
Geschichte, S. 15, 55.
26 Röder, Reformationsgeschichte, S. 103f.; Luck, Ver-
such, S. 5.
27 Röder, Reformationsgeschichte, S. 112-115; Diehl
Reformationsbuch, S. 317-320; Steitz, Geschichte,
S. 56; Luck, Versuch, S. 6.
28 Kunz, Kirchenordnung, S. 45; Müller, Spital, S. 159-
163. Das Kloster Lorsch erwarb 1542 das Eigentums-
recht an den Klostergebäuden, Röder, Graf Georg,
S. 70; Diehl, Evangelische Bewegung, S. 90; ders.,
Pfarrer- und Schulmeisterbuch IV, S. 73; Steitz,
Geschichte, S. 55; Luck, Versuch, S. 7f.; Höreth,
Erbach, S. 44.
29 Scheible, Melanchthon, S. 211; Höreth, Erbach,
S. 43.
30 Kunz, Kirchenordnung, S. 45.
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