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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0508
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Die Reichsstadt Frankfurt

Auch für die Eheeinsegnungen waren dem Rat 1589 und 1598 Vorschläge des Predigerministeriums
eingereicht worden, die in die jeweiligen Agenden eingingen.147 Das Trauformular basiert hauptsächlich auf
der Agende von 1553. Daneben lassen sich Einflüsse anderer Ordnungen feststellen. Die in der älteren
Forschung vertretene Annahme, das Frankfurter Trauformular sei eine Bearbeitung von Luthers Traubüch-
lein oder der brandenburg-nürnbergischen Kirchenordnung von 1533, hat Karl Dienst zurückgewie-
sen.148 Er stellte fest, dass das Trauformular Einflüsse der Straßburger Agende von 1549 aufnahm.149 Par-
allelen zu Luther und der brandenburg-nürnbergischen Ordnung erklären sich aus dem Verwandtschafts-
verhältnis der Straßburger Agende zu diesen Ordnungen.150
Mit Abschnitten zu Anstellung und Ordination der Prediger, Nottaufe, Katechismusunterricht, Feier-
tagen und Regelung des Kirchengesangs151 weisen die Agenden von 1589/99 gegenüber ihren Vorgängerin-
nen ganz neue Inhalte auf. Am 9. Mai 1588 hatte das Predigerministerium beantragt, die anzustellenden
Geistlichen ordinieren zu lassen.152 Am 14. Mai stimmte der Rat diesem Vorschlag zu, unter der Voraus-
setzung, dass die Ordination nach Maßgabe von Melanchthons „Examen ordinandorum“ der mecklenbur-
gischen Kirchenordnung von 1552 erfolgen sollte.153 Das Frankfurter Ordinationsgebet wurde folglich aus
dem Ordinandenexamen übernommen. Das Ordinationsformular weist jedoch auch Anleihen anderer Ord-
nungen auf. So stammt die Ordinationsformel aus der Hessischen Agende von 1574154 und das Kollekten-
gebet aus Veit Dietrichs Agendbüchlein sowie der brandenburg-nürnbergischen Kirchenordnung von
1533.155 Während die Agenden von 1589/99 gegenüber ihren Vorgängerinnen in vielen Abschnitten wesent-
lich erweitert worden waren, hatte man den Abschnitt zum Krankenbesuch, der erstmals in der Agende von
1564 erschienen war, weggelassen.

5. Kirchenordnungen der Fremdengemeinden in Frankfurt

Die im 16. Jahrhundert einsetzende Konfessionsmigration zählt zu den folgenreichsten Bevölkerungsver-
schiebungen im frühneuzeitlichen Europa. Die Reichsstadt Frankfurt spielte dabei eine entscheidende
Rolle, hierher kamen zahlreiche evangelische Christen aus den habsburgischen Niederlanden und aus Eng-
land - Glaubensflüchtlinge, die ihre Heimat infolge der gewaltsamen Rekatholisierungspolitik in den 1550er
Jahren verlassen hatten und die sich unter anderem in der Reichsstadt am Main in separaten Gruppierun-
gen niederließen. Diese Flüchtlingsgemeinden führten ein eigenständiges Gemeindeleben, das sie mit
eigenen Kirchenordnungen organisierten. Da die Exulantenkirchen die Frankfurter Gesellschaft im
16. Jahrhundert wesentlich prägten, werden ihre Kirchenordnungen ebenfalls in unsere Edition aufgenom-
men, auch wenn es sich bei diesen Ordnungen nicht primär um Regelwerke der städtischen Obrigkeit
handelt. Der Frankfurter Magistrat, der die wesentlichen Schriften der verschiedenen Fremdengemeinden
autorisierte und so seine Religionshoheit innerhalb der Reichsstadt geltend machte, hatte jedoch das letzte
Wort in Fragen der Religionsausübung der Exulanten.

147 Dienst, Gottesdienst, S. 254f.
148 Dienst, Gottesdienst, S. 254-256.
149 Abdruck der Straßburger Agende in Sehling, EKO
XX/1, S. 357-363; Hubert, Ordnungen, S. 21-24; vgl.
Dienst, Gottesdienst, S. 256.
150 Dienst, Gottesdienst, S. 257-259.
151 Zur Musik im Frankfurter Gottesdienst siehe Dienst,
Gottesdienst, S. 260-302; Becker, Beiträge, S. 64-86.
Zu den Frankfurter Gesangbüchern von 1569 und 1599

siehe Bill, Gesangbuch; Dienst, Gesangbüchlein,
S.145-156.
152 Das Protokoll der Ratschlagung am 12. Mai ist abge-
druckt bei Grabau, Predigerministerium, S. 406.
153 Sehling, EKO V, S. 161-219; vgl. Dienst, Gottes-
dienst, S. 223; Grabau, Predigerministerium, S. 407.
154 Sehling, EKO VIII, S. 450-455; vgl. Dienst, Gottes-
dienst, S. 227f.
155 Sehling, EKO XI, S. 188-195, 495-498; Osiander,
Gesamtausgabe 5, S. 148-155.

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