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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0511
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Einleitung

Unterschrift unter die Liturgia bzw. unter die Professio.174 In der Neuauflage der Liturgia sacra, die bereits
1555 erschien,175 sind die Namen der Engländer nicht mehr abgedruckt. Nach internen Auseinandersetzun-
gen hatten die Anhänger der puritanischen Richtung Frankfurt 1555 verlassen. Die anglikanische Mehrheit
hatte sich unter Führung von Richard Cox inzwischen auf die Lehrgrundlage der 42 Artikel Edwards VI.
zurückgezogen.176
1598 erschien die Liturgia sacra in einer deutschen Übersetzung.177 Da diese keine inhaltlichen Abwei-
chungen vom lateinischen Original enthält, wird sie in unserer Edition nicht abgedruckt.
15. Diakonieordnung der französisch-reformierten Gemeinde 1585 (Text S. 587)
Die französisch-reformierten Glaubensflüchtinge konsolidierten ihre Gemeinde in Frankfurt auch durch die
Organisation einer eigenständigen Versorgung bedürftiger Gemeindeglieder. Am 19. November 1554 traten
die sechs Vorsteher (diacres) der Diakonie zu ihrer ersten Sitzung zusammen.178 Die älteste überlieferte
Diakonieordnung stammt von 1585. Sie bestimmte, welche Aufgaben die Armenvorsteher bei ihren
wöchentlichen Treffen wahrzunehmen hatten und welche Strafen ihnen bei Nichterledigung drohten.
16. Old Discipline - New Discipline/Ordnung der englisch-reformierten Gemeinde März 1557 (Text S. 588)
Infolge der blutigen Rekatholisierungsmaßnahmen unter Mary Tudor hatte im Frühsommer 1554 eine
Gruppe von rund 200 Engländern ihre Heimat verlassen. Unter Führung von William Whittingham,
Edmund Sutton und William Williams waren sie nach Frankfurt gekommen, wo ihnen der Rat die Mit-
nutzung der Weißfrauenkirche gestattete, die der französisch-reformierten Gemeinde zur Verfügung stand.
Um zu verhindern, dass die Engländer eine weitere separate Glaubensgemeinschaft innerhalb des städti-
schen Gemeinwesens bildeten, machte der Rat zur Bedingung ihrer Aufnahme, dass sie sich in Kultus und
Zeremonien den Wallonen anschlossen, ihr Gemeindeleben nach Poullains Glaubensbekenntnis und Kir-
chenordnung ausrichteten und die in England seit 1552 gebräuchliche Kirchenordnung, das Second Book of
Common Prayer, nicht mehr verwendeten. Als Zeichen der Zustimmung unterschrieben fünf Vertreter der
englischen Gemeinde die Liturgia sacra.179
Die Anweisung, auf den Gebrauch ihrer hergebrachten Kirchenordnung zu verzichten, kam William
Whittingham und der Mehrheit der englischen Gemeinde entgegen, da sie der von Calvin beeinflussten
Richtung der englischen Reformation folgten und damit zu den Gegnern des Book of Common Prayer
zählten.180 Die Frankfurter Exilgemeinde bildete eine Keimzelle des im Entstehen begriffenen Puritanis-
mus, einer Ausrichtung, der die übrigen auf dem Kontinent verstreut lebenden englischen Exilgemeinden
jedoch nicht folgten.181
Die englische Fremdengemeinde unterstrich ihre Haltung, indem sie im November 1554 den schotti-
schen Theologen John Knox zu ihrem Pastor wählte. Im März 1555 kam es zum Konflikt, als eine weitere
Gruppe englischer Emigranten unter Führung von Richard Cox nach Frankfurt kam, die anglikanisch
gesinnt und dem Book of Common Prayer verpflichtet war. Die englischen Exulanten in Frankfurt bildeten
fortan zwei Gruppierungen: Den Puritanern stand nun eine Mehrheit von Anglikanern gegenüber. Die
Anhänger von John Knox wandten sich daraufhin an den Frankfurter Rat, in der Hoffnung, dass dieser

174 Dechent, Kirchengeschichte 1, S. 206; Massinger,
Emigrantengemeinde, S. 185; Bauer, Poullain, S. 199;
Ebrard, Gemeinde, S. 65f.; Jung, Flüchtlingsge-
meinde, S. 11.
175 Bauer, Poullain, S. 198 Anm. 2.
176 Ebd., S. 199 Anm. 1; ders., Bekenntnisstand (1924),

S. 206-221; Jung, Flüchtlingsgemeinde, S. 6f., 15;
Bauer, Beziehungen Calvins, S. 38 Anm. 1.
177 ThULB Jena 4 Germ. IV, 5 (3), p. 160-244.
178 Ebrard, Gemeinde, S. 68f.
179 Siehe oben, S. 490f.
180 Massinger, Emigrantengemeinde, S. 186.
181 Ebd., S. 189.

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