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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0514
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Die Reichsstadt Frankfurt

17a./b. Stiftungsbrief des Armenkastens der Niederländischen Gemeinde A. C. 31. Mai 1585 (Text S. 601)
18a.-c. Punkte und Artikel der Niederländischen Gemeinde A. C. 1585/8. Juli 1597 (Text S. 605)
Die Geschichte der Frankfurter Niederländischen Gemeinde A. C. beginnt in Antwerpen, wo die Anhänger
Luthers 1563 den Spanier Cassiodoro de Reina zum Prediger ihrer Gemeinde berufen hatten. Dieser besaß
Kontakte zu Frankfurt und hatte 1565 in Antwerpen eine französische Übersetzung der Frankfurter
Agende eingeführt.195 Der 1578 geschlossene Religionsfriede von Antwerpen sicherte den Lutheranern zwar
formell die Religionsfreiheit, nachdem 1584 jedoch spanische Heere unter Fernando Alvarez de Toledo, dem
Herzog von Alba, 14 Monate lang schwere Kämpfe gegen die Stadt geführt und Antwerpen schließlich zur
Kapitulation gezwungen hatten, gingen viele Lutheraner unter Führung Cassiodoros de Reina nach Frank-
furt. In der Reichsstadt fand die Gruppe bereitwillig Aufnahme, da sie sich ebenso wie die übrigen Frank-
furter Flüchtlingsgemeinden aus wirtschaftlich potenten Mitgliedern zusammensetzte. Die Antwerpener
waren vorwiegend Tuch- und Seidenhändler, von denen sich der Rat wirtschaftlichen Aufschwung für das
kriselnde Textilgewerbe versprach.196
Am Pfingstdienstag, dem 31. Mai 1585, versammelte Cassiodoro de Reina die Flüchtlinge aus Antwer-
pen und gründete die Niederländische Gemeinde Augsburger Confession. Sie führte weiterhin das Siegel der
Antwerpener Gemeinde und betrachtete sich als deren Rechtsnachfolgerin. Mit dem Stiftungsbrief für den
Almosenkasten (Nr. 17) sowie den Punkten und Artikeln (Nr. 18) gab sich die Gemeinde eine Satzung, in
deren Mittelpunkt die Armenfürsorge stand. Die Erträge des Armenkastens waren für die bedürftigen
Gemeindemitglieder, aber auch für durchreisende Fremde aus der alten Heimat sowie die in den Nieder-
landen verstreut lebenden Lutheraner bestimmt.197
Der Text des Stiftungsbriefs (Nr. 17) ist im französischen Original und in einer deutschen Abschrift des
17. Jahrhunderts überliefert. Die Stiftungsordnung hält in vier Artikeln fest, wie oft Almosensammlungen
durchgeführt werden sollten, auf welche Weise die Almosenpfleger zu wählen waren und wie sie ihr Amt zu
versehen hatten.198 Die Punkte und Artikel (Nr. 18) sind in deutscher, französischer und niederländischer
Sprache überliefert. Bei der französischen und niederländischen Fassung handelt es sich um Originale mit
den eigenhändigen Unterschriften der Verantwortlichen, die deutsche Fassung ist eine zeitgenössische
Abschrift. In den 16 Abschnitten der Artikel, die Cassiodoro de Reina ebenfalls 1585 verfasst hatte,199
wurde die Wahl der Ältesten, Vorsteher und Diakone behandelt sowie ihre Befugnisse reglementiert, von
denen die Aufsicht über den Armenkasten die wichtigste war. Die Punkte und Artikel wurden von 20
Personen unterschrieben, die dem großen Presbyterium der Gemeinde angehörten.200 Sie wurden 1597 in der
Gemeindeversammlung vorgelesen, confirmirt, renoviert und verbessert.201
Der Zusammenhalt innerhalb der niederländischen Gemeinde Augsburger Confession fußte von Anfang
an auf der karitativen Fürsorge für ihre Mitglieder. In der eigenständigen Unterstützung Bedürftiger
besteht die „Niederländische Gemeinde Augsburger Confession zu Frankfurt am Main“ (N.G.A.C.) noch
heute als Stiftung des öffentlichen Rechts.

195 Drummer, Findbuch, S. IX; Bund, 400 Jahre, S. 8;
Klötzer, Antwerpen, S. 327. Zur Antwerpener
Gemeinde vor ihrer Auswanderung siehe ausführlich
Steitz/Dechent, Gemeinde, S. 3-54.
196 Drummer, Findbuch, S. IX; Klötzer, Antwerpen,
S. 327f.

197 Bund, 400 Jahre, S. 9; Drummer, Findbuch, S. X;
Steitz/Dechent, Gemeinde, S. 55, 58, 65.
198 Vgl. Steitz/Dechent, Gemeinde, S. 56.
199 Ebd., S. 55.
200 Ebd., S. 61.
201 Siehe unten, S. 612.

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