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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0651
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2. Stadt-Friedberger Taufordnung [1619]

2. Stadt-Friedberger Taufordnunga
[Februar 1619]
Ordnung, wie es bey Kindtbett und dem newen Jhar verhalten werden soll

Nachdem nuhn etliche Jahr hero in dieser Statt bey
Kindtauffen und Gevatterschaften sehr viele Un-
ordnungen, Mißbrauch und Uebermaß eingerissen,
auch von tag zu tag also überhand genommen, daß
daraußen nichts als des mehrentheils Bürger dieser
Statt Verderben endlichen hette erfolgen müssen,
| 115 | Erstlich sollen hinfüro alle Gevattern vor Mit-
tag erbehten undt darbey keine Uncosten uffgewen-
det werden, bey Straff fünf Gulden.
2. Nach gehaltener Kindtauff mag in des Kindtvat-
ters Behausung den Weibern, so deren gleichwol
über zwölf nicht sein sollen, eine Mahlzeit gegeben
werden, da dann die Gevatterin nur ein halb Viertel
Weins verehren und ferner mit keinem Geloch1 noch
sonsten etwas beschwehrt werden soll, doch daß
darbey mehr nicht als eine tracht2 uffgesetzt, alle
Manspersonen beneben den Kindern, die der Mut-
ter entrahten3 können, darvon gelassen, auch son-
sten weder in der Küchen noch anderwerths ichtwas
verehrt, zumahl aber von den Tischen durch die an-
wesende erbehtene Weiber nichts abgetragen undt
den folgenden Tag gantz keine Mahlzeitt, wie auch
nachgehends keine drey Wochen mehr gehalten wer-
den solle bey Straff zehen Gulden.
3. Dieweil dieß Orts die Schenckörtten4 von undenk-
lichen Jahren hero brauchlich gewesen, wird es noch
darbey gelassen, doch soll der erbettene Gevatter
mehr nicht denn zwey Maß Wein bei Straff zehen
Gulden verehren, und sonsten in der Zech beneben
dem Kindtvattern frey gehalten werden.

a Textvorlage (Abdruck): Herrmann, Taufordnung,
S.115-116.

1 Gelage.
2 Ein Gang einer Mahlzeit.

4. Nach gehaltener Kindtschenk soll ein jeder Ge-
vatter sich nacher Hauß verfügen und niemands mit
sich nacher Hauß nehmen, allda ein Newe Zech an-
zufangen, bey Straff zehen Gulden.
5. Wann das Kindt in der Kirchen die Tauff em-
pfangen, mag die Gevatterin der Hebammen in der
Kirchen etwan ein Paar Batzen und nicht mehr,
weder vor oder nach gehaltenem Kindbett, auch
sonsten niemandt anders, so etwan sie heimb be-
gleiten möcht, ichtwas verehren, bey Straff vier
Gulden.
6. Demnach auch bey den Kindttauffen mit den
Verehrungen von den Gevattern biß dahero ein gro-
ßer Pracht und Uebermaß gebraucht worden, so soll
solches nun hinfüro dahin moderirt und verordnet
sein, daß die Gevattern ihren Pettern und Gö-
then5 über einen | 116 | Reichsthaler nicht verehren
mögen, und sollen also alle andere Geschenken, es
sey ahn Geldt, Kleydung, Corallen6, Daschen,
Hembder oder wie es nahmen haben mag, hiemit
außtrücklich verbotten sein bei Straff zwanzig Gul-
den.
7. Und weil auch uffs Newe Jahr sonders grose Un-
costen unter beyden Gevattern bißhero uffgewendet
worden, so gar, daß auch etliche darüber wol gar ins
Verderben hetten gesetzt werden mögen, so sollen
hinfüro alle solche Newe Jahrs Geschenke, klein und
groß, hiemit gäntzlich abgeschafft und verbotten
seyn bei Straff dreißig Gulden.

3 Entbehren.
4 Schenkzeche, Wirtszeche = Ausschank, Umtrunk.
5 Pfetter = männliches Taufkind, Göte = weibliches Tauf-
kind.
6 Schmuck einer Halskette.

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