Metadaten

Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Sehling, Emil [Begr.]; Arend, Sabine [Bearb.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0655
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Burg-Friedberger Judentaufformular [um 1600]

4. Burg-Friedberger Judentaufformulara
[um 1600]
Form undt Prozess der Jueden Tauffe

Vermanung zu den Jüden, Gevattern
und Allen andern Zusehern
Geliebte und Andächtige Freunde in Christo Jhesu,
dieweil wir im namen des H[errn] versamlet seindt,
diese gegenwertige person, so biss dahero ausser der
Kirchen Christi im jüdischen Unglauben und Le-
sterung geboren und erzogen worden, undt nu durch
Gottes sondere gnade eyn Christ(in) zu werden be-
gert, auff dero demütiges ansuchen undt hertzlichs
Verlangen dem H. Christo und seiner christlichen
Gemeynde durch die heylige Tauffe einzuleiben,
| 293 | so höret zu forderst hievon eynen gewissen
grundt undt Trost aus dem heyl. Wortt Gottes. Also
spricht S. Petrus, Actorum am 2ten Cap. [36-39] zu
den bussfertigen Jüden in der ersten Pfingstpredigt:
So wisse nu das gantze Hausse zu Israel gewiss,
das Gott diesen Jhesum, dehn ir gecreutziget habt,
zu eynem Herrn und Christ gemacht hat. Da sie
aber das höreten, giengs ihnen durchs Hertze, und
sprachen zu Petro: Ihr menner, lieben Brüder, was
söllen wir thun? Petrus sprach zu ihnen: Thut Bus-
se, und lase sich eyn jeglicher tauffen auff den Na-
men Jhesu Christi zur Vergebung der sünden, so
werdet ihr empfahen die Gabe des heyl. Geystes.
Dann Euer und Euer Kinder ist diese Verheyssunge,
und aller, die ferne sindt, welche Gott, Unser Herr,
herzu rufen wirdt.
Wolan, Liebe Christen, wir hören alle tage aus
Gottes Wortt, Erfarens auch beyde, an unserm Le-
ben undt sterben, das wir allesampt in sünden em-
pfangen undt geboren und in ewigkeyt untter dem
gerechten Zorn Gottes sein und bleiben müsten, wo
er sich nicht aus gnaden umb seines lieben sohnes
willen unser erbarmet. Weil dann diese gegenwertige

a Textvorlage (Abdruck): Diehl, Judentaufformular,
S. 292-297. Weiterer Abdruck: Dienst, Judentauf-
formular, S. 149-153.

Person nicht alleyn mitt gleicher sünde wie wir von
natur vergifftet und verunreyniget ist, sondern auch
von Kindheyt auff in Jüdischer blinttheyt und
Gottslesterunge auffgewachsen, und aber Gott, der
Vatter, auss grundloser Barmhertzigkeyt lautt der
oberzelter Verheyssunge sie zum Christentumb be-
rufen, Söllen wir solche gnade Gotts ihr nicht alleyn
hertzlich gönnen, sondern auch sämpttlich den tre-
wen Gott für sie, im namen seines lieben sohnes Jesu
Christi, im waren glauben anruffen und bitten, das
er durch uns als seine Instrument und Werckzeuge
in ihr die ware widergeburt und erneuerung durch
den h. Geist verleihen undt würcken wölle.
Darumb, Andächtige, geliebte Christen, weil ihr
löblicher undt christl. Ordnung nach dazu erbeten
und erschienen seidt, nicht alleyn solchem Actui als
Paten, Goidten1 und Zeugen beizuwonen, sondern
auch für euren tauffsohn (goidten) zu bitten, So er-
mahne ich euch sämptlich undt sonderlich, das Ihr
euere Hertzen erhebet und mitt mir in warem glau-
ben und kindlichem Vertrawen also bethet:
Allmechtiger, Ewiger Gott, Vatter Unsers Herren
Jhesu Christi, Der du nach deiner Hochberümbten
Barmhertzigkeyt niemandt jemals die thür der Gna-
den verschlossen, sondern on ansehen der Person Jü-
den und Heyden, wenn sie dich furchten undt recht
thun, annimmest, | 294 | Wir bitten dich durch die-
selbe deine grunttlose Barmhertzigkeyt, du wollest
gegenwärtigem(-r) Jüden(-din) Vergebung seiner
(ihrer) missethat gnädigst widerfahren lasen und
mit deinem H. Geyst sein (ihr) Hertze versiegeln
und versichern, damitt er (sie) wahrhafftig an dei-
nen sohn Jhesum Christum glaube, in desselben todt
getauffet werde, der sünden abgestorben, in einem

1 Taufpaten.

635
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften