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Wolgast, Eike [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Editor]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Editor]; Arend, Sabine [Oth.]; Sehling, Emil [Bibliogr. antecedent]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0662
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Die Reichsstadt Gelnhausen

2. Die Einführung der Reformation 1543-1548
Zur Gelnhäuser Reformationsgeschichte des 15. und 16. Jahrhunderts sind nur wenige Quellen überliefert,
so dass die Ereignisse anhand der knappen Forschungsliteratur nur in groben Strichen skizziert werden
können. Die Edition bleibt auf zwei Dokumente aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts beschränkt.
In den 1530er Jahren lässt sich in Gelnhausen eine reformatorische Bewegung nachweisen, die vom
reichsstädtischen Rat zwar gebilligt, aber nicht aktiv gefördert wurde, da er die Rechte des Klosters Selbold
an der Gelnhäuser Pfarrkirche nicht verletzen und den Unmut der Pfandherren (Kurpfalz und Hanau-
Münzenberg) nicht auf sich ziehen wollte.10 Die Wende zum neuen Glauben läutete schließlich das Kloster
Selbold selbst ein: Die Konventsgebäude waren 1525 im Bauernkrieg geplündert worden. Durch stete
Abgabenverweigerung der neugläubigen Bevölkerung war das Kloster so verarmt, dass 1536 nur noch
wenige Mönche darin lebten. Vor dem Hintergrund des wirtschaftlichen Niedergangs trat der Abt die
Patronatsrechte an der Gelnhäuser Pfarrkirche und ihrer Filiale im Frühjahr 1543 an den Rat der Stadt
ab.11 Nun hatte dieser die Möglichkeit, die kirchlichen Stellen mit evangelischen Geistlichen zu besetzen.
Als ersten Pfarrer stellte er Peter Strupp,12 der bereits seit 1536 in Gelnhausen predigte, an der Marienkir-
che an. Auf die 1543 neu eingerichtete zweite Pfarrstelle kam Peter Dreut.13
Auch die Grafen von Hanau-Münzenberg, einer der Gelnhäuser Pfandherren, traten 1543 zum neuen
Glauben über, so dass die Reformationseinführung in der Reichsstadt von dieser Seite Unterstützung
erfuhr. Über den weiteren Verlauf der reformatorischen Ereignisse in Gelnhausen vor dem Interim ist nichts
bekannt.

3. Fortführung der Reformation nach dem Interim 1552-1618
Als evangelische Reichsstadt musste Gelnhausen 1548 das Augsburger Interim annehmen und den katho-
lischen Kultus wieder herstellen. Nach Ende des Interims 1552 setzte der Rat das Reformationswerk jedoch
fort. Peter Strupp starb 1565 und Peter Dreut rückte von der zweiten auf die erste Pfarrstelle vor, die er
noch zwei Jahre inne hatte. Nach Dreuts Tod 1567 wurde Johannes Nicenius14 erster Pfarrer, und Johannes
Strupp, Peter Strupps Sohn, erhielt die zweite Pfarrstelle.15 Sowohl Nicenius als auch Johannes Strupp
wurden 1567 bei ihrem gemeinsamen Amtsantritt vom Rat auf die Confessio Augustana und deren Apologie
verpflichtet.16

10 Rössler, Reformation, S. 42-45; Junghans, Versuch,
S. 222; Haupt, 450 Jahre, S. 10.
11 Heitzenröder, Klöster, S. 67f., 70-73; Junghans,
Versuch, S. 224-228; Aschkewitz, Pfarrergeschichte,
S. 437; Rössler, Reformation, S. 45-50; Haupt, 450
Jahre, S. 3, 6-10; Michaelis, Grafschaft, S. 83-85;
Schluckebier, 450 Jahre, S. 48-51.
12 Peter Strupp war um 1495 in Gelnhausen geboren, bis
1525 war er Mönch im Kloster Selbold, von 1527 bis
1536 Diakon in Grünberg und Pfarrer in Lauter bei
Grünberg, Aschkewitz, Pfarrergeschichte, S. 438f.;
Rössler, Reformation, S. 46f.; Haupt, 450 Jahre, S. 7-
11; Junghans, Versuch, S. 232.
13 Zu Dreut siehe Aschkewitz, Pfarrergeschichte, S. 446;
Junghans, Versuch, S. 233.

14 Magister Johannes Nicenius stammte aus Heidelberg, er
immatrikulierte sich 1550 in Wittenberg. 1556 war er
Diakon in Büdingen, anschließend bis 1558 Pfarrer und
Hofprediger der Isenburger Grafen in Birstein. In Geln-
hausen war Nicenius von 1558 bis 1567 zweiter, anschlie-
ßend bis zu seinem Tod 1579 erster Pfarrer. Zugleich
wirkte er als Superintendent, Aschkewitz, Pfarrerge-
schichte, S. 439; Junghans, Versuch, S. 233f.
15 Haupt, 450 Jahre, S. 11; Junghans, Versuch, S. 234.
Johannes Strupp hatte sich 1545 in Marburg immatri-
kuliert. Von 1552 bis 1567 war er erster Pfarrer in Fried-
berg, anschließend kam er nach Gelnhausen. Er starb
vor 1597, Aschkewitz, Pfarrergeschichte, S. 447.
16 Haupt, 450 Jahre, S. 11.

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