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Wolgast, Eike [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Kirchenrechtliches Institut der Evangelischen Kirche in Deutschland [Hrsg.]; Arend, Sabine [Bearb.]; Sehling, Emil [Begr.]
Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts (9. Band = Hessen, 2): Die geteilte Landgrafschaft Hessen 1582-1618 - Grafschaften Waldeck, Solms, Erbach und Stolberg-Königstein - Reichsstädte Frankfurt, Friedberg, Gelnhausen und Wetzlar — Tübingen: Mohr Siebeck, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.30289#0689
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Einleitung

denburgschen, Hessischen oder Franckforter kirchenordnung gehorig ist, bei solchem allem uns ungehindert
pleiben zulaßen ohn alle condicion.37
Die kirchlichen Zeremonien wurden in Wetzlar also nach Maßgabe von Kirchenordnungen anderer
Territorien und Reichsstädte geregelt, allen voran nach den Bestimmungen der brandenburg-nürnbergi-
schen, die Andreas Osiander 1533 verfasst hatte.38 Daneben hatte die hessische Kirchenordnung Landgraf
Philipps I. von 1532 Einfluss auf das Wetzlarer Kirchenwesen.39 Bei der erwähnten Frankfurter Kirchen-
ordnung wird es sich um die Agende von 1553 gehandelt haben.40
2. Verbot, geistliche Gerichte anzurufen 1571 (Text S. 676)
Mit Einführung der Reformation war auch eine Neuordnung des Eherechts erforderlich geworden. Die
evangelischen Obrigkeiten erkannten die geistliche Gerichtsbarkeit, die bislang auch für Eherechtsfragen
zuständig gewesen war, nicht länger an, sondern entschieden die strittigen Fälle selbst. Auch der Wetzlarer
Rat negierte die Zuständigkeit des geistlichen Gerichts in Trier bzw. des zweiten Offizialats in Koblenz, wie
aus einem Bescheid ersichtlich ist, der aus einem konkreten Fall hervorgegangen war. Der Magistrat
bestimmte darin, dass Eherechtsfragen zwischen Anhängern der Confessio Augustana nicht mehr vom
erzbischöflichen Gericht, sondern vom reichsstädtischen Rat entschieden werden sollten.
3. Vertrag zur Pfarrer- und Schulmeisterbesoldung 1. Oktober 1572 (Text S. 677)
Mit der Anstellung evangelischer Prediger in Wetzlar kam die Frage nach deren finanziellem Unterhalt auf.
Am 22. April 1551 hatte der Trierer Erzbischof Johann V. von Isenburg das Marienstift angewiesen, dem
Pfarrer Antonius Wedensis die notwendige Kompetenz zuzuweisen:41 Damit aber mitlerweill oftg. pfarhern an
notturftiger competentz nit mangell und er bey euch pleiben, auch weitterong [=Schwierigkeiten], die sonst ervol-
gen moecht, verhuet werden mug, bevelhen wir an euch gnediglichen und mit ernst, das ir inen gebuerlichen und
nach notturft underhalten und euch in dem der billicheit selbst weisen wullent biß uff zukunft obg. unserer
commissarien, uff das er sich ferner mit gronde zubeclagen nit ursach habe.
Das Stift zeigte sich bereit, für die Besoldung der nun evangelischen Amtsträger an Kirche und Schule
auch weiterhin aufzukommen. Der Rat stellte jedoch darüber hinausgehende Forderungen an das Stift, die
in einen langwierigen Streit mündeten.42 Eine Flut von Schriftstücken mit den Argumenten beider Seiten
sowie Vermittlungsversuchen durch die Gesandten der hessischen Landgrafen und der Erzbischöfe von Trier
gingen viele Jahre hin und her,43 bis am 1. Oktober 1572 schließlich ein Vertrag geschlossen wurde, der
genau festlegte, welche Einkünfte des Stifts zur Unterhaltung der evangelischen Geistlichen und des Schul-
meisters zu veranschlagen seien.44 Dennoch versuchte das Marienstift immer wieder, sich aus der Pflicht zu
ziehen, indem es etwa 1576 die Zahlung zunächst zurückhielt und gemahnt werden musste.45

37 AEKiR Boppard, 4 KG 047B: 11-4.
38 Abdrucke in Sehling, EKO XI, S. 140-205 und Osi-
ander, Gesamtausgabe 5, S. 37-177.
39 Sehling, EKO VIII, S. 3-177, bes. S. 75-79.
40 Siehe unten, S. 524-534.
41 AWM Wetzlar, 1551-4. Abdruck in Schulten, Anto-
nius Wedensis, S. 96.
42 Schulten, Marienstift, S. 176.

43 AWM Wetzlar, 1562-6, 1565-2, 1565-3, 1565-4, 1566-1,
1567-3, 1568-2, vgl. Schulten, Marienstift, S. 155f.
44 Nach Schulten, Marienstift, S. 189 und Trauthig,
Wetzlar, S. 35 war es bereits Ende 1568 zu einem Ver-
tragsabschluss gekommen, dessen Wortlaut nicht über-
liefert ist, der jedoch die Maximalforderungen des Rats
erfüllt haben soll.
45 Dies geht aus einem hessischen Mahnschreiben hervor,
AWM Wetzlar, 1576-2.

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