Wetzlar
4. Dekret zur Aufnahme der französisch-reformierten Flüchtlingsgemeindea
19. September 1586
Wir, Bürgermeister und Rath des Heiligen Reichs
Stadt Wetzflar, bekennen hiermit öffentlich, dass
wir auf Ansuchen Doctoris Francisci Jung (Juni-
us)1 unt etlicher Deputirten der gemeinen und be-
drängten Christen zu Nieder-Wesel bewilliget ha-
ben, Sechzig Paar Ehe-Volcks ungefehrlich, so bisz
dahero etliche Jahre daselbst zu Wesel gewohnet,
allhier zu Wetzflar bey uns zu Bürgern in gewöhn-
liche Eyd und Pflichte, gegen Vorzeigung wissentli-
chen Abzugs und Erlegung des Bürger-Gelds auff-
und anzunehmen, dergestalt, dasz sie unsern Geset-
zen und Statuten allemaszen als andere unsere Mit-
Bürger unterworffen, und dagegen auch, wie diesel-
bigen aller Bürgerlichen Freyheiten und Rechten
sich mit erfreuen und genieszen sollen und mögen.
Wir haben denenselben auch dabey zugesagt,
dasz ihnen ihr Gottesdienst mit öffentlicher Reli-
gions-Uebung und allen ihren gebräuchlichen Exer-
citien, samt einer Kirchen, so sie selbst nach ihrer
Gelegenheit in Bau zu bringen, auch mit einer
Schul, die sie unter sich anzustellen, in ihrer Müt-
terlichen Sprach, zu ihrer und ihrer Nachkommen
Unterrichtung, zugelassen und daran von niemand,
desz wir zu Gleich und Recht mächtig, bedränget
werden sollen; Es soll ihnen auch frey stehen, ihre
Prediger und Schulmeister, nachdeme sie von wegen
der Sprach dieselbige, ob sie ihnen bequem, am be-
sten erkennen mögen, selbst, doch mit unserm Vor-
wissen, zu setzen und zu entsetzen.
a Textvorlage (Handschrift:) AWM Wetzlar, 1594-11. Ab-
druck: Cuno, Geschichte, S. 4-6.
1 Der reformierte Theologe Dr. Franz Junius (1545-1602)
war nach verschiedenen Predigerstellen in reformierten
Gemeinden 1578 in die Dienste Johann Casimirs von
Und damit sie ihre Sachen mit Bauen und an-
derer Anordnung, zu ihrer Gelegenheit dienlich, An-
fangs desto besser anstellen mögen, ist ihnen diese
Freundschafft und Gunst geschehen, dasz sie samt
und sonders von dato die nechste vier Jahre nach
einander folgende der Bürgerlichen Beschwehrun-
gen, Wachen und Frohn-Diensten unbedrangt sollen
bleiben. So viel als Reichs-Hülffen und andere Con-
tributiones betrifft, werden sie sich darin nach eines
jeden Vermögen, wie auch in andern Dingen, denen
andern Bürgern in allweg gemäsz zu erzeigen, und
was Wüllenweber, Schuster, Becker und dergleichen
Handwercke treiben wollen, derenthalben die Zunfft
derselben Handwercker mit anzunehmen und der-
selben Statuten gleich andern zu geleben sich nicht
zu beschwehren; doch wo sie samt und sonders über
kurtz oder lang nicht länger bey uns bleiben, son-
dern ihre Hauszhaltung an andern Ort wieder ver-
wenden wollen, sollen sie aus sonderlicher Zunei-
gung, die wir zu ihnen tragen, des Zehenten Pfen-
nings oder Abzugs-Gelds gäntzlich erlassen bleiben,
dagegen sie kein Bau-Geld, so sie an der Stadt-Kir-
che, welche man ihnen zu gebrauchen eingeben wür-
de, verbauen möchten, zu solchem ihrem Abzug wie-
der zu fordern sollen haben Sonder gefährde.
Zu Urkund so haben wir, Bürgermeister und
Rath obgedacht gemeiner unser Stadt Insiegel zu
End dieser Schrifft angedruckt, So geben ist Mon-
tags, den 19. Septembris Anno 1586.
Pfalz-Simmern getreten. 1584 wurde er zum Professor
der Theologie nach Heidelberg berufen, seit 1585 setzte
er sich für die Aufnahme der Fremden in Wetzlar ein,
Cuno, Geschichte, S. 4; Drüll, Gelehrtenlexikon 1,
S. 344-346; BBKL 3, Sp. 885-886.
678
4. Dekret zur Aufnahme der französisch-reformierten Flüchtlingsgemeindea
19. September 1586
Wir, Bürgermeister und Rath des Heiligen Reichs
Stadt Wetzflar, bekennen hiermit öffentlich, dass
wir auf Ansuchen Doctoris Francisci Jung (Juni-
us)1 unt etlicher Deputirten der gemeinen und be-
drängten Christen zu Nieder-Wesel bewilliget ha-
ben, Sechzig Paar Ehe-Volcks ungefehrlich, so bisz
dahero etliche Jahre daselbst zu Wesel gewohnet,
allhier zu Wetzflar bey uns zu Bürgern in gewöhn-
liche Eyd und Pflichte, gegen Vorzeigung wissentli-
chen Abzugs und Erlegung des Bürger-Gelds auff-
und anzunehmen, dergestalt, dasz sie unsern Geset-
zen und Statuten allemaszen als andere unsere Mit-
Bürger unterworffen, und dagegen auch, wie diesel-
bigen aller Bürgerlichen Freyheiten und Rechten
sich mit erfreuen und genieszen sollen und mögen.
Wir haben denenselben auch dabey zugesagt,
dasz ihnen ihr Gottesdienst mit öffentlicher Reli-
gions-Uebung und allen ihren gebräuchlichen Exer-
citien, samt einer Kirchen, so sie selbst nach ihrer
Gelegenheit in Bau zu bringen, auch mit einer
Schul, die sie unter sich anzustellen, in ihrer Müt-
terlichen Sprach, zu ihrer und ihrer Nachkommen
Unterrichtung, zugelassen und daran von niemand,
desz wir zu Gleich und Recht mächtig, bedränget
werden sollen; Es soll ihnen auch frey stehen, ihre
Prediger und Schulmeister, nachdeme sie von wegen
der Sprach dieselbige, ob sie ihnen bequem, am be-
sten erkennen mögen, selbst, doch mit unserm Vor-
wissen, zu setzen und zu entsetzen.
a Textvorlage (Handschrift:) AWM Wetzlar, 1594-11. Ab-
druck: Cuno, Geschichte, S. 4-6.
1 Der reformierte Theologe Dr. Franz Junius (1545-1602)
war nach verschiedenen Predigerstellen in reformierten
Gemeinden 1578 in die Dienste Johann Casimirs von
Und damit sie ihre Sachen mit Bauen und an-
derer Anordnung, zu ihrer Gelegenheit dienlich, An-
fangs desto besser anstellen mögen, ist ihnen diese
Freundschafft und Gunst geschehen, dasz sie samt
und sonders von dato die nechste vier Jahre nach
einander folgende der Bürgerlichen Beschwehrun-
gen, Wachen und Frohn-Diensten unbedrangt sollen
bleiben. So viel als Reichs-Hülffen und andere Con-
tributiones betrifft, werden sie sich darin nach eines
jeden Vermögen, wie auch in andern Dingen, denen
andern Bürgern in allweg gemäsz zu erzeigen, und
was Wüllenweber, Schuster, Becker und dergleichen
Handwercke treiben wollen, derenthalben die Zunfft
derselben Handwercker mit anzunehmen und der-
selben Statuten gleich andern zu geleben sich nicht
zu beschwehren; doch wo sie samt und sonders über
kurtz oder lang nicht länger bey uns bleiben, son-
dern ihre Hauszhaltung an andern Ort wieder ver-
wenden wollen, sollen sie aus sonderlicher Zunei-
gung, die wir zu ihnen tragen, des Zehenten Pfen-
nings oder Abzugs-Gelds gäntzlich erlassen bleiben,
dagegen sie kein Bau-Geld, so sie an der Stadt-Kir-
che, welche man ihnen zu gebrauchen eingeben wür-
de, verbauen möchten, zu solchem ihrem Abzug wie-
der zu fordern sollen haben Sonder gefährde.
Zu Urkund so haben wir, Bürgermeister und
Rath obgedacht gemeiner unser Stadt Insiegel zu
End dieser Schrifft angedruckt, So geben ist Mon-
tags, den 19. Septembris Anno 1586.
Pfalz-Simmern getreten. 1584 wurde er zum Professor
der Theologie nach Heidelberg berufen, seit 1585 setzte
er sich für die Aufnahme der Fremden in Wetzlar ein,
Cuno, Geschichte, S. 4; Drüll, Gelehrtenlexikon 1,
S. 344-346; BBKL 3, Sp. 885-886.
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