Metadaten

Bagordo, Andreas; Aristophanes; Verlag Antike [Contr.]
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,10): Aristophanes fr. 675-820: Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.53732#0041
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Incertarum fabularum fragmenta (fr. 688)

37

style presumably represented by the mild-bodied, flowery vintage currently
most pleasing to the audience’s palate“; 154 A. 80: „Aristophanes speaks of
audience tastes through the metaphor of wine, in a way that smacks of ag-
onistic posturing; the “bitter wine” (=heavily iambic?) now out of style may
be that of Cratinus“).
Bei näherem Hinsehen jedoch ist die Aussage des Fragments alles an-
dere als eindeutig: abgesehen von der unlösbaren Frage, welches poetische
Genre hier gemeint sei - insbes. hinsichtlich einer etwaig autoreferentiellen
Aussage, die allerdings außerhalb eines parabatischen Kontextes nur schwer
zu erklären wäre dürfte selbst die scheinbar kritische Betrachtung einer
bei den Athenern unbeliebten Kategorie von Dichtern - aus einer anderen
Perspektive - nicht zwangsläufig negativ ausfallen, da Demos sich häufig
irrt und der unmißverständlich geäußerte Ekel lediglich die Reaktion eines
mit mancher Härte bzw. Sprödigkeit nicht vertrauten Publikums reflektieren
könnte, nicht aber notwendigerweise die eines wahren Kenners (wie z. B. des
Komödiendichters selbst). Ihm könnte wiederum exzessive Süßlichkeit nicht
genehm sein.
An Inkongruenzen in den literaturkritischen Urteilen, die mittels ähnlicher
Bilder ausgedrückt werden, mangelt es in der Archaia nicht, beginnend mit der
interpretatorischen Aporie, welche die engste Parallele zu diesem Fragment zu
bilden scheint: in Phryn. fr. 68 (ού γλύξις ούδ’ ύπόχυτος, άλλάΠράμνιος) dient
der Vergleich mit pramnischem Wein, der weder süßlich noch verwässert ist,
gerade zu einer schmeichelhaften Bewertung des Sophokles, der ebenso in fr.
32 [Mmzsizi] in höchsten Tönen gepriesen wird; derselbe Sophokles hingegen
erhielt - wegen der Honigsüße seiner Dichtung - gar den Spitznamen Μέλιττα
(vgl. dazu Bagordo 2016, 68-9 [zu Ar. fr. 596]); im Sophokles-Vergleich dürften
also beim pramnischen Wein Echtheit und genuines Wesen geschätzt werden
(vgl. Stama 2014, zu Phryn. fr. 68, mit weiterer Lit. auch zu Wein/Dichtung
in der Antike: seit Archil. fr. 120 W.2 bis zum Motiv des poeta vinosus in der
Auseinandersetzung zwischen Ar. Equ. 534-5 und Cratin. fr. *203 [Pytine]):
werden die Vorzüge eines ehrlichen, wenngleich etwas gärigen Produktes auf
die Dichtung übertragen ergibt sich auch für unser Fragment ein völlig ande-
res Bild, zumal im direkt vor Phryn. fr. 68 angeführten, ebenfalls auf Sophokles
bezogenen Ar. fr. 958 [dub.] (κύων τις έδόκει συμποιεΐν Μολοττικός) eine
durchdachte (ja überwachte) Strenge suggeriert wird, welche die Konturen
eines weiteren Kompliments trägt (hierfür stehen die molossischen Hunde,
deren Zusammenarbeit mit Sophokles beim κωμικός - wohl Aristophanes -
eine Art Gütesiegel bedeuten müssen).
Eine gewisse (wohl kompositorische bzw. stilistische) Strenge könnte mit-
hin beim athenischen Publikum gelegentlich auf ablehnende Resonanz stoßen,
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften