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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0224
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Aristophanes

er nahm ihn und brachte ihn auf ein Schiff und setzte ihn auf einer kleinen
trostlosen Insel aus. Dann schloss er, als er selbst und seine Frau in der ganzen
Stadt in Verruf geraten waren, sich selbst mit allem Besitz im Haus ein, legte
Feuer und verbrannte; die Frau aber stürzte sich in einen Brunnen“).
Die beiden Versionen unterscheiden sich in mehreren Punkten (wobei sie
sich teilweise ergänzen, teilweise aber auch widersprechen):
1. In Phot. / Sud. ist von einem alten Mann die Rede (πρεσβύτην), in Prov.
Coisl. von einem Bauern (τινά γεωργόν).
2. Nur in Phot. / Sud. ist ausdrücklich vom Heros Anagyros als der Gottheit,
die den Frevel bestraft, die Rede. In Prov. Coisl. deutet allein die Erwähnung
eines Altars auf einen Gott (wobei nicht klar ist, welcher gemeint ist).
3. Als Vergehen wird in Phot./Sud. das Fällen von Bäumen eines heiligen
Hains genannt (έκτέμνοντα τό άλσος ... έξέκοψε τό άλσος), in Prov. Coisl.
dagegen eine Hybris gegen einen Altar (έξυβρίζειν εις τον πλησίον ίδρυμένον
βωμόν).
4. Dieses Vergehen wird in Phot./Sud. als Tatsache dargestellt, in Prov.
Coisl. dagegen als Vorwurf (αιτίαν εχοντα).17
5. Nur in Prov. Coisl. ist vom Verlust der ersten Frau und Mutter des Sohnes
die Rede (πρώτον μεν γάρ άπέλαβε τήν γυναίκα).
6. Nur in Phot./Sud. ist ausdrücklich von einer vom Heros verursachten
Liebesleidenschaft der Stiefmutter die Rede (ό δε τώ υίώ αύτοϋ έπέμηνε τήν
παλλακήν), und dass sie ihm, nachdem sie selbst zurückgewiesen wurde, vor-
warf, er habe versucht, sie zu verführen oder zu vergewaltigen, wird zumin-
dest angedeutet (ήτις μη δυναμένη συμπεΐσαι τον παΐδα διέβαλεν ώς ασελγή
τώ πατρί); in Prov. Coisl. ist nur allgemein von einer Verleumdung durch die
Stiefmutter die Rede (διαβολή πλαστή τής μητρυιάς).
7. In Phot./Sud. wird die Stiefmutter als παλλακή bezeichnet (was ihren
attischen Rechtsstatus genauer beschreibt), in Prov. Coisl. dagegen als μητρυιά
(und am Ende γυνή).
8. In Phot./Sud. mauert der Vater den Sohn nach dessen Verstümmelung
ein (έγκατωκοδόμησεν), in Prov./Coisl. bringt er ihn dagegen mit einem Schiff
auf eine einsame Insel (και λαβών αυτόν άνεβίβασεν είς πλοιάριον, και εις
λυπρόν έξέθηκε νησίδιον).
9. Nur in Prov. Coisl. wird die Last der öffentlichen Meinung als Grund
für die folgenden Selbstmorde genannt (όνείδει κατεχόμενος αύτός τε καί ή

17 Vielleicht handelt es sich hier aber eher um eine Variante in der Formulierung als
um einen wirklichen sachlichen Unterschied; jedenfalls ist kaum wahrscheinlich,
dass in der Legende Anagyros den Mann aufgrund eines falschen Vorwurfs bestraf-
te.
 
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