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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0295
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Ανάγυρος (fr. 53)

291

Zubereitung der zu fangenden Hasen gedacht wird: κορίαννον ϊνα τί λεπτόν;
:: ϊνα τούς δασυπόδας / οΰς αν λάβωμεν άλσΐ διαπάττειν έχης; vgl. Orth 2013
(FrC 9.1) 82). Man gewinnt hier sogar den Eindruck, dass es gar nicht (wie im
tragischen Vorbild) um eine Liebesleidenschaft geht, sondern überhaupt der
Wunsch, etwas zu essen, im Mittelpunkt steht (vgl. Tsantsanoglou 1984, 83).
Es ist gut denkbar, dass einige weitere Fragmente aus dem Anagyros im
selben Metrum aus demselben Kontext stammen. Thematische Verwandtschaft
besteht zu fr. 56 ούχ έ-ψητών λοπάς έστιν (wo ebenfalls von Speisen die Rede
ist, oder genauer von deren Fehlen), fr. 57 και μην χθες γ’ ήν πέρδιξ χωλός (wo
es um die Möglichkeit bzw. Schwierigkeit gehen könnte, Rebhühner zu jagen)
und fr. 55 καν μηδέν έλης, στήσον μυάχραν (wo für den Fall, dass die ange-
sprochene Person nichts fängt, das Aufstellen von Mausefallen angeordnet
wird).174 Zusammen suggerieren diese Fragmente, wie Tsantsanoglou 1984,
83-4 überzeugend darlegt, eine Szene in anapästischen Dimetern, in der eine
Person unter großem Hunger leidet und verzweifelt nach Möglichkeiten sucht,
etwas Essbares zu finden.175 Vielleicht kann man aber noch einen Schritt weiter
gehen: fr. 55 und 57 deuten auf einen Dialog (vgl. jeweils den Kommentar ad L),
und Aristophanes parodiert auch sonst häufiger tragische Wechselgesänge in
anapästischen Dimetern (vgl. unten zu fr. 54, Interpretation). Es wäre denk-
bar, dass Aristophanes hier insgesamt den Wechselgesang in anapästischen
Dimetern zwischen Phaidra und ihrer Amme aus dem Hippolytos (176-266)
aufgreift, aus der auch die direkte Vorlage für fr. 53 stammt (zu einer genaue-
ren Begründung dieser Hypothese, die auch eine plausible Erklärung von fr.
57 ermöglicht, vgl. oben S. 225), und dabei neben der Liebesleidenschaft (der
Stiefmutter der Anagyroslegende?) auch deren Hunger thematisiert.
1 προς θεών Mit προς θεών werden Bitten (oder Fragen) verstärkt; im
euripideischen Vorbild schließt es (außerhalb der Syntax) an Vers 215 πέμπετε
μ’ εις όρος an (vgl. Barrett 1964, 202, der dann bemerkt: „The entreaty is then
explained or elaborated in έραμαι κτλ., which itself in consequence takes on
a certain tone of request; but without the preceding πέμπετε this would be
impossible. I say this despite the behaviour of two ancient authors who in
citing this passage or a parody of it begin their citation with προς θεών: Plut.
Quom. adul. 52b (...), Ath. 4. 133b (citing Ar. fr. 51 [= 53 K.-A.] (...); in Ar., of

174 Einen Zusammenhang zwischen fr. 53, 56 unf 57 vermutet schon Schmid 1946, 199
Anm. 5, der sie als „Reste von anapästischen Dimetern einer Arie (?)“ interpretiert.
175 Dass die Schwierigkeit, andere Nahrung zu finden, für den Wunsch, Zikaden zu
essen, eine Rolle spielen könnte, vermutet auch Dalby 1996, 224 Anm. 25: „The
context of the Aristophanes fragment is unknown. Is the Speaker perhaps not
human? Or in a desert, where no other foods are available?“.
 
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