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Orth, Christian; Aristophanes
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 10,3): Aristophanes, Aiolosikon - Babylonioi (fr. 1-100): Übersetzung und Kommentar — Heidelberg: Verlag Antike, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53730#0402
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398

Aristophanes

Lenfant 2003, 10, der jedoch aufgrund von είσελκύσας vermutet, dass dabei
Aristophanes in einer απαγωγή in die Boule gebracht wurde.* * 127 Aber dabei
wird Aristophanes’ Formulierung vielleicht zu wörtlich genommen;128 zudem
bleibt unklar, inwieweit für ein in einer öffentlichen Aufführung begangenes
und allen bekanntes Vergehen ein solches Verfahren zur Anwendung kom-
men konnte, das wohl besonders die Flucht des Täters und Vertuschung der
Tat verhindern sollte. Eine interessante Alternative ist die Vermutung von
Halliwell 2008, 248-9, dass Kleon Aristophanes im Rahmen einer προβολή
angriff, bei der Vergehen auf Festen am Tag nach dem jeweiligen Fest vor
dem Rat verhandelt werden konnten (vgl. MacDowell 1978, 194-7); allerdings
bleibt (wie Halliwell selbst bemerkt) unklar, inwieweit dieses erst für des 4.
Jh. v. Chr. bezeugte Verfahren schon im 5. Jh. v. Chr. angewendet wurde.129 Zu
der Frage, ob Kleon zur Zeit der Auseinandersetzung selbst Ratsherr war (was
auch die Möglichkeit eröffnen würde, dass er ohne ein bestimmtes formelles
Verfahren wie die εισαγγελία im Rat einfach Vorwürfe gegen Aristophanes
erhob130), vgl. (mit weiterer Literatur) Atkinson 1992, 57-8.
Der Inhalt von Kleons Anklage lässt sich aus weiteren Stellen der Acharner
erschließen (Ar. Ach. 502-8, bes. 502-3 ob γάρ με νυν γε διαβαλεΐ Κλέων ότι /
ξένων παρόντων τήν πόλιν κακώς λέγω, 515-6 ήμών γάρ άνδρες - ούχί τήν
πόλιν λέγω· / μέμνησθε τοϋθ’, ότι ούχ'ι τήν πόλιν λέγω, 630-1 διαβαλλόμενος
δ’ ύπό των εχθρών έν Άθηναίοις ταχυβούλοις / ώς κωμωδεϊ τήν πόλιν ήμών
καί τον δήμον καθυβρίζει),131 aus denen hervorgeht, dass Kleon Aristophanes
eine Beschimpfung der athenischen πόλις und des δήμος in Anwesenheit

death’ down to ‘I came fairly near to being convicted on a serious Charge’ or even
merely ‘I was almost drowned in the flood of his oratory’.“
127 Eine solche απαγωγή war insbesondere dann möglich, wenn der Beschuldigte
direkt bei einer Tat ertappt wurde (vgl. zur απαγωγή Rhodes 1981, 580-1); Lenfant
nennt zu einer απαγωγή vor die Boule Andoc. 1,91, Arist. Ath. pol. 40,2, Ar. Thesm.
929-30, Antiphon 6,49 (είσήγον εις τήν βουλήν) und verweist zu einer απαγωγή in
Verbindung mit einer εισαγγελία auf Rhodes 1972, 160-1 (wo allerdings nur eine
entsprechende Vermutung formuliert wird).
128 Vgl. z.B. Ar. Nub. 553, wo davon die Rede ist, dass Eupolis den Marikas auf die
Bühne „zerrte“ (παρείλκυσεν). είσελκύσας muss hier nicht mehr bedeuten, als dass
das Verfahren vor der Boule gegen den Willen des Aristophanes geschieht.
129 Ein bestimmtes, die Dionysien betreffendes, Gesetz war nach Dem. 21,147 zu
Alkibiades’ Lebzeiten noch nicht in Kraft.
130 Allerdings deutet είσελκύσας wohl doch eher auf eine Vorladung des Aristophanes
vor den Rat. Mit Kleons Position als Ratsherr bringt sein Vorgehen gegen
Aristophanes z.B. Beloch 1884, 336 in Verbindung.
131 Vgl. Schrader 1877, 409, Canfora 1980, 76 und Sommerstein 2004, 146.
 
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