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Bagordo, Andreas
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 1,1): Alkimenes - Kantharos: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verl. Antike, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.47735#0036
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Testimonia (test. 2)

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Anschluß an die Frage, wer unter Dorern (d. h. den Bewohnern der Peloponnes
mit ihren Kolonien in Sizilien) und Athenern als erster Erfinder der Gattung
Komödie zu gelten habe, ist auch vom inner-dorischen Streit zwischen dem
kontinental-griechischen Megara (auf der Landverbindung zwischen Attika
und der Peloponnes) und dessen sizilischer Kolonie Megara Hyblaia die
Rede. Beide erheben den Anspruch auf die Erfindung der Komödie: die einen
aufgrund ihrer demokratischen“ (d.h. auf parrhesia basierenden) Verhältnisse
nach Theagenes’ Sturz um 600 v. Chr., die anderen mit Hinweis auf den hier
(wie in Epich. test. 1,5. 9,4) für einen Megarer gehaltenen Epicharmos, den
,Begründer“ der sizilischen Komödie. Angesichts des hohen Alters (über 90
Jahre), das Epicharmos erreicht haben soll, dürfte die Nachricht, daß er ,viel
früher“ als Chionides und Magnes tätig gewesen sei, auch mit dem Auftritt
des Chionides im J. 486 v. Chr. (test. 1) zu vereinbaren sein (so bereits Capps
1903 - vgl. dazu die Skepsis von Richards 1904, 180: „does Mr. Capps really
explain the πολλω πρότερος of Aristotle?“; das Argument von Epicharmos’
hohem Alter auch in Rostagni 19452, z.St. und Schmitt 2008, 261).
Epicharmos’ floruit überschneidet sich in der Tat ausgerechnet mit
Chionides’ Auftritt (vgl. Epich. test. 1,7.6a,7:488-4 v. Chr.). Ungeachtet dessen,
wie die chronologische Aporie gelöst wird, erscheint eine Athetierung von
Aristot. Poet. 1448a 31-5 unter Berufung auf die naheliegende Gleichzeitigkeit
der drei Komiker (so Else 1957, 114-6, der eine Interpolation annimmt; vgl.
auch Webster 1961, 453) als unberechtigt - u. a. weil der einzige weitere chro-
nologische Anhaltspunkt für Chionides (test. 1: 486 v. Chr.) nicht unbedingt
zuverlässiger als Aristoteles ist.13 Es fällt generell schwer, dem Verfasser der
Didaskaliai einen groben Fehler zu unterstellen, aber daß eine inkongruente
Chronologie einfach auf einen Mangel an Dokumentation über die früheren
Stadien der Komödie zurückzuführen sei, ist nicht a priori auszuschließen (vgl.
Olson 2007, 2: „Aristotle is open about his lack of substantial documentary
sources for the early history of comedy (1449b4-5); and his failure to name any
first-generation poets other than Chionides and Magnes and apparent con-
fusion about the dates of Epicharmus (and perhaps Crates) reinforce this“).14

13 Vgl. Meineke I 27 zum Suda-Eintrag: „Quod quo minus recte fieri putem, prohibet
gravissima Aristotelis auctoritas, qui cum ipse didascaliarum librum condiderit,
eiusmodi in rebus falli vix potuit“; skeptisch auch Gudeman 1934, 112: „Über seine
Zeit [d. h. des Chionides] besitzen wir nur das nicht ganz klare Zeugnis des Suidas
s. v. [...] (Suidas pflegt, was ich nebenbei bemerke, bei derartigen chronologischen
Angaben sich bestimmter auszudrücken).“
14 Auch ohne daß ein vermeintliches „illogical idiom“ ins Spiel kommt: vgl. Shorey
1916, 229: „Another main cause of irrationality in style is straining for emphasis
 
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