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Bagordo, Andreas
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 1,1): Alkimenes - Kantharos: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verl. Antike, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.47735#0038
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Ήρωες

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stattene Könige vertreten (sie sind das vierte Geschlecht in Hes. Op. 156-73;
zu Heroen und Heroenkult vgl. Farnell 1921, Delcourt 1942, Kerenyi 1958 und
Ekroth 2002, speziell zu den Heroen Attikas Kearns 1989). Der Heroenkult,
der auf dem Totenkult (in der Form eines privaten Ahnenkults) sowie der
Verehrung vorolympischer Götter beruht und sich bei aller lokalen Varietät
grundsätzlich vom Götterkult unterschied, wurde im späten 7. Jh. v. Chr.
vom Gesetzgeber Drakon in der athenischen Verfassung staatlich geordnet
und neben den Götterdienst gestellt (Porph. Abst. 4,22). Ihre Verehrung war
zum einen mit ihren Gräbern verbunden (Reliquienkult in den Heröd), zum
anderen mit der posthumen Würdigung historischer Persönlichkeiten, die
Hervorragendes geleistet hatten und denen zumeist eine übermenschliche
Kraft zuerkannt worden war. Zu dieser Kategorie gehören vornehmlich
Städtegründer, wobei auch Kriegsgefallene eine kollektive Heroisierung er-
fahren konnten (für die Helden der Perserkriege vgl. Plut. Arist. 21). Prototyp
der mit göttlichen Zügen versehenen Heroen ist Herakles (ήρως θεός, Pind.
N. 3,22); umgekehrt galt Dionysos als ,Heros unter den Göttern“ (vgl. Hdt. II
44,3-5). Verehrt wurden sie innerhalb des sekos (nicht im temenos der Götter),
und das Opfer, das ihnen zukam, war das (abendliche) enagisma - nicht die
den Göttern vorbehaltene thysia -, das zumeist aus völlig verbranntem Fleisch
von geschlachteten Tieren bestand.
Das Wort ήρως kann in der Komödie auch ironisch auf zeitgenössische
Figuren bezogen werden, wie auf den Feldherrn Eamachos in Ar. Ach. 575-9
([AL] ώ Λάμαχ’ ήρως, των λόφων και των λόχων. / [ΧΟ.] ώ Λάμαχ’, ού γάρ
ούτος άνθρωπος πάλαι / άπασαν ήμών τήν πόλιν κακορροθεϊ; / [ΛΑ.] ούτος
σύ, τολμάς πτωχός ών λέγειν τάδε; / [ΔΙ.] ώ Λάμαχ’ ήρως, άλλά συγγνώμην
εχε, / εί πτωχός ών είπόν τι κάστωμυλάμην; in der kriegerisch geprägten
Weltvorstellung des Aischylos in Ran. 1039 wird Lamachos nach seinem
Tod eine echte Heroisierung erfahren). Dieser Wortwechsel der Acharner
erscheint besonders interessant, weil das negative Pendant zum (wiewohl
ironisch konnotierten) positiven herös mit dem Wort ptöchos realisiert wird.
Zumindest im Athen der 420er Jahre vermochten vielleicht diese Termini
die beiden Pole der sozialen Zustände erkennen zu lassen. Ob dieser über-
tragene Gebrauch ebenfalls in den beiden Komödientiteln des Chionides
Heröes und Ptöchoi wirkt, bleibe dahingestellt - auszuschließen ist dies als
Deutungsansatz jedoch nicht (wir hätten einerseits eher zu persiflierende,
vielleicht wie Lamachos militärisch prahlende Helden, als ihr Gegenbild eine
Art harmlose Deppen, wie Dikaiopolis pazifistisch orientierte Vertreter des
kleinen Volkes). Angesichts des einzigen chronologischen Anhaltspunktes
für Chionides’ Karriere (486 v. Chr., vgl. test. 1, womit auch das vieldiskutierte
test. 2 zusammenhängt) dürfte der Hintergrund der Perserkriege für Chionides
 
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