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Bagordo, Andreas
Fragmenta comica (FrC) ; Kommentierung der Fragmente der griechischen Komödie (Band 1,1): Alkimenes - Kantharos: Einleitung, Übersetzung, Kommentar — Heidelberg: Verl. Antike, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.47735#0218
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Incertarum fabularum fragmenta (fr. *40)

217

Zitatkontext Das Zitat stammt von einem wie ein Frauenkatalog gestalte-
nen Abschnitt (Athen. XIII 573b-590a), in dem berühmte Prostituierte und
Hetären aufgelistet werden. Die Erwähnung des Aristophon (nicht PA 2102 -
PAA 175995 - so wird der einzige kömödoumenos namens Aristophon in
Sommerstein 1996b, 340 unter den Men with only one claim to prominence
bei den Politically prominent individuals rubriziert sondern PA 2108 = PAA
176170; Davies 1971, 65; LGPN II [19]), eines Politikers aus dem Demos von
Azenia, dessen langes Leben (ca. 100 Jahre) zwischen 403 (vgl. Dem. 20,148)
und 340/30 v. Chr. (vgl. Dem. 18,162, Aeschin. 1,64) zu datieren ist, rechtfer-
tigt sich somit dadurch, daß er Sohn einer Hetäre gewesen sein könnte. Die
Geschichte von Aristophon und Choregis, für die auch der Historiker Karystios
von Pergamon (Caryst. Perg. FHG IV 358 Müller) angeführt wird, scheint im
berühmtesten Verhältnis zwischen einem Politiker und einer Hetäre - Perikies
und Aspasia - ein Modell zu haben. Die Identifikation des Komödiendichters,
der Aristophons Beziehung enttarnt haben soll, ist umstritten (vgl. hier unten,
Interpretation).
Interpretation Aus chronologischen Gründen erscheinen beide Komödien-
dichter, die von der Namensform her in den Text passen würden, Kalliades
(die tradierte Form) und Kailias (Emendation von Meineke 1450) als unbefrie-
digende Lösungen. Wie Kalliades (PCG IV 37), ein Vertreter der Nea, der mit
Menander und Diphilos in die erste Hälfte des 3. Jhs. v. Chr. gehört (bezeugt
ist seine Bühnentätigkeit um 280 v. Chr.), sich für einen Politiker interessieren
konnte, der spätestens um 330 v. Chr. starb, ist kaum verständlich. Nur ein
wenig realistischer ist die Präsenz des Politikers bei Kailias: der terminus post
quem für Aristophons Verspottung (403/2 v. Chr., als er das Gesetz erließ; zu
den politischen Implikationen vgl. Imperio 1998, 253, mit A. 68) ist für einen
Komödiendichter, der seine Karriere spätestens 446 v. Chr. begann (vielleicht
sogar noch in den 450er, ab 453 v. Chr.), viel zu spät.
Außer den chronologischen Aporien erscheint auch der Name der
Hetäre verdächtig (Χορηγίς heißt wörtl. ,Leiterin eines Tanzes“, und wird
sogar ein Komödientitel des Alexis sein) und wirft einen Schatten über die
Glaubwürdigkeit der ganzen Nachricht. Eine Kompromißlösung wäre es, bei
der Lesart Καλλιάδου als sekundärer Form für Καλλίου zu bleiben (nichts
ungewöhnliches, wie Wilhelm 1906, 133-4 gezeigt hat) und in diesem an-
deren Kailias (Kailias II, nach Storey I 147. 166) den umstrittenen Verfasser
der Tragödia grammatike zu erkennen, einer Komödie, die unter dem Namen
Kailias lief und zeitlich genau in die Jahre nach 403/2 v. Chr. paßt, als das
ionische Alphabet in Attika offiziell wurde (vgl. hier oben, zu test {*8}).
 
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