Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2003
DOI Kapitel:
Antrittsreden
DOI Artikel:
Mosbrugger, Volker: Antrittsrede vom 10. Mai 2003
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0119
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Volker Mosbrugger | 131

Zeit mit zahlreichen Reisen, einem Auslandsjahr in Montpellier in Südfrankreich
und aufregenden Vorlesungen in fremden und z.T. exotischen Fachdisziplinen wie
etwa in der Parapsychologie.
Eine wichtige Bifurkation in meinem Leben erfolgte nach der Staatsprüfung
in Biologie und Chemie mit der Wahl der Examensarbeit. Aus zwei höchst interes-
santen Angeboten - einem entwicklungsbiologischen Thema in der Zoologie und
einer evolutionsbiologisch-paläontologischen Fragestellung in der Botanik — ent-
schied ich mich schließlich für die evolutionsbiologische Forschungsrichtung bei
Prof. Vogellehner, dessen Vorlesungen mich begeistert hatten, vielleicht auch, weil
mich Theorie und Freiland doch mehr interessierten als Labortätigkeiten. Um nicht
gleich nach dem Staatsexamen in den Schuldienst zu müssen, begann ich unmittel-
bar anschließend eine Dissertation mit dem beeindruckenden Titel:
„Systematisch-taxonomische und phylogenetische Untersuchung der Pecop-
teriden-Taphoflora des Stefans an der Hohengeroldseck bei Lahr (Mittlerer
Schwarzwald).“
Ich vermute, daß sich kaum ein Akademie-Mitglied unter diesem Disserta-
tionsthema etwas Konkretes vorstellen kann. Daß diese Arbeit dennoch mit summa
cum laude bewertet wurde, verdanke ich meiner Frau. Ziel der Dissertation war
es, die Systematik und Phylogenie von fossilen Farnen mit einem Alter von rund
280 Millionen Jahren zu beschreiben. Meine Frau, selbst Biologin und Chemikerin,
erkannte frühzeitig, daß rem deskriptive Arbeiten in der Wissenschaftswelt wenig
goutiert werden. „Du mußt Kurven produzieren“ war ihr Fazit. Und so habe
ich mich dann an biometrische Messungen herangewagt, an multivanate Statistik,
an das Programmieren mit heute längst vergessenen Programmiersprachen wie
SIMULA.
Nach der Dissertation erschien nur das ursprüngliche Berufsziel — Gymnasial-
lehrer für Biologie und Chemie — nicht länger erstrebenswert. Glücklicherweise
konnte ich im Anschluß an die Promotion direkt auf eine Assistentenstelle bei Prof.
Hans-Joachim Schweitzer am Paläontologischen Institut in Bonn wechseln. Bereits
in Freiburg hatte ich ein Promotionsstudium in Geologie/Paläontologie absolviert,
die entscheidende geowissenschaftliche Ausbildung und Förderung erfuhr ich aber
in Bonn.
Drei neue Arbeitsfelder begannen sich zu entwickeln. In Erweiterung der Dis-
sertationsthematik bemühte ich mich einerseits, die Vegetation der Karbon- und
Permzeit vor 350 - 250 Millionen Jahren in China zu rekonstruieren. Neben dem
wissenschaftlichen Ertrag erlaubte dieses Projekt einmalige Geländearbeiten in einer
stimulierenden neuen kulturellen Umgebung und mündete in langfristigen Freund-
schaften und Kooperationen mit chinesischen Kollegen. Em zweites Forschungsthe-
ma, das letztlich zur Habilitation führte, befaßte sich mit der Evolution und Kon-
struktion von Landpflanzen. Ziel war es, mit Hilfe einer ingenieurwissenschaftlich-
biomechanischen Betrachtung die Evolution von Landpflanzen über die letzten 400
Millionen Jahre nicht nur zu beschreiben, sondern auch kausal verständlich zu
machen. Dabei hatte ich unter anderem das Glück, auf einen vielseitig interessierten
Geophysiker zu treffen, dessen Programm zur Beschreibung des Fluid Flows in porö-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften