Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2003 — 2004

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2003
DOI Kapitel:
Antrittsreden
DOI Artikel:
Mosbrugger, Volker: Antrittsrede vom 10. Mai 2003
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.67592#0120
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
132 | ANTRITTSREDEN

sen Medien wir für die Analyse des Wassertransportes in frühen Landpflanzen nut-
zen konnten.
Das dritte Forschungsgebiet galt der Entwicklung und Interaktion von Vegeta-
tion und Klima über die letzten 25 Millionen Jahre. Hier konnte der Umstand
genutzt werden, daß in der Niederrheinischen Bucht, in unmittelbarer Nähe von
Bonn, riesige Braunkohlenlagerstätten vorkommen, die in spektakulären Tagebauen
erschlossen sind. Wir konnten zunächst Methoden entwickeln, die es erlauben, aus
fossilen Pflanzen die Paläoklimasituation quantitativ zu rekonstruieren. Später wurde
zusammen mit Kollegen aus der Meteorologie mit der Paläoklimamodelherung
begonnen. Glücklicherweise wurde in Bonn in dieser Zeit em SFB eingerichtet, in
dessen Rahmen unsere Arbeiten integriert wurden. In diese wissenschaftliche Auf-
bauphase in Bonn fiel im übrigen auch der „familiäre Ausbau“ mit der Geburt unse-
rer beiden Töchter.
Nach der Habilitation 1989 erhielt ich 1990 den Ruf auf eine C4-Professur
„Allgemeine Paläontologie“ in Tübingen. Diese über 500 Jahre alte Universität bot
mir ideale Entwicklungsmöglichkeiten. Einerseits war und ist Tübingen durch die
Aktivitäten berühmter Vorgänger wie Quenstedt, von Huene, Schindewolf und
zuletzt Seilacher em „Mekka“ der Paläontologie; es gab darüber hinaus einen Son-
derforschungsbereich Stuttgart/Tübingen „Natürliche Konstruktionen“, in den ich
mich mit meinen Arbeiten zur Konstruktion von Landpflanzen einbringen konnte.
Meine paläoklimatischen Arbeiten brachten neue Schwerpunktsetzungen nach
Tübingen und führten schließlich zur Entstehung des Sonderforschungsbereichs 275
„Klimagekoppelte Prozesse“. Als exzellent erwiesen sich nicht zuletzt die Möglich-
keiten zur Kooperation mit anderen Fachdisziplinen, insbesondere mit der Biologie.
Hier entstand in jüngster Zeit ein von der geowissenschaftlichen Fakultät und der
Fakultät für Biologie getragener Forschungsverbund „Evolution der Organis-
men/Biogeosphären-Dynamik“ (EBID), der auch einen eigenen Studiengang
Geoökologie/Okosystemmanagement“ anbietet. Schließlich profitierte die wach-
sende Arbeitsgruppe entscheidend von der Verleihung des Leibniz-Preises durch die
DFG im Jahre 1999.
Die Vielfalt der Projekte wurde in meiner Tübinger Zeit erheblich größer -
wesentliche Forschungsthemen sind gegenwärtig etwa die Biomimetik, die Klima-
und Umweltkontrolle der heutigen Pflanzenverbreitung, die Vegetationsgeschichte
der Araukarienwälder in Südbrasilien, die Klima- und Vegetationsentwicklung in
Eurasien im Tertiär oder die Beckenentwicklung und Kohlebildung im Junggar-
Becken Nordchinas. Das Spektrum der wissenschaftlichen Fragestellungen reflektiert
meine breite - und Kritiker mögen sagen: zu wenig fokussierte — Neugier. Für mich
liegt in dieser Möglichkeit einer freien Wahl der Forschungsthematik aber gerade der
Reiz einer universitären Wissenschaftlerkarriere.
In unserer Arbeitsgruppe kooperieren zur Zeit Geologen/Paläontologen, Bio-
logen, Geographen, Physiker und Meteorologen; dies erlaubt für alle Lernen und
neue Einsichten auf breitester Front. Gleichzeitig zeigt sich zunehmend, daß die
aktuellen Fragen der Geowissenschaften eine integrierte Betrachtung des Systems
Erde mit Geosphäre, Hydrosphäre, Atmosphäre und Biosphäre, einschließlich des
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften