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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2010 — 2011

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I. Das Geschäftsjahr 2010
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Sitzung der Phil.-hist. Klasse am 23. Juli 2010
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Thadden, Ernst-Ludwig von: Bankenzusammenbrüche und der Repo Markt aus spieltheoretischer Sicht
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https://doi.org/10.11588/diglit.55658#0089
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23. Juli 2010

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seiner eigenen Investition der Nachfolgegeneration. Die Banken vermitteln
zwischen den Anlegern der verschiedenen Generationen und garantieren, dass die
intergenerationellen Zahlungsströme so erfolgen wie dargestellt. Die Höhe des von
den Banken dabei erwirtschafteten Ertrages (R-r)N hängt von der Marktstruktur des
Finanzsektors ab. Je größer die Marktmacht der Banken, desto niedriger r, desto
größer der Anteil des Kuchens, der an die Banken geht, und umgekehrt.
Banken leisten in diesem Modell also Fristentransformation: sie vermitteln zwi-
schen unterschiedlichen Zeitpräferenzen und Investitionshorizonten. Dieses Argu-
ment geht schon auf die klassische Bankbetriebsliteratur des 19. Jahrhunderts zurück
und ist in ihrer modernen Ausprägung von Bryant (1980) und Diamond und Dybvig
(1983) für traditionelle Geschäftsbanken in allgemeiner Form formuliert worden.
Um die Ereignisse der Großen Finanzkrise zu verstehen, ist nun gerade die
Marktstruktur von Interesse. In einem klassischen Walrasianischen Wettbewerbsmarkt
ist der Zinssatz r die entscheidende Größe und wird durch den anonymen Ausgleich
von Angebot und Nachfrage bestimmt. In solch einem Markt ist r im Wesentlichen
durch die Anzahl der Banken und ihre Investitionskapazität gegeben. Sind diese bei-
den Bestimmungsgrößen hoch, ist r hoch, und umgekehrt. Repo-Märkte allerdings
sind zwar sehr kompetitiv, doch ist die Preisbildung komplexer. Insbesondere bein-
haltet ein Repo-Vertrag nicht nur einen Zinssatz, sondern auch einen Besiche-
rungsgrad und möglicherweise Mengen- oder andere Beschränkungen, sowie ver-
tragliche Vereinbarungen über Einschränkungen der Aktivitäten des Schuldners,
Rechte des Gläubigers, u.s.w. Em einfacher anonymer Ausgleich von Angebot und
Nachfrage über die Variable r ist deshalb nicht realistisch. Im Rahmen des Modells
betrachtet ist es realistischer anzunehmen, dass die teilnehmenden Banken simultan
(zu Beginn der Periode t) investieren und Repo-Verträge anbieten, die Anleger sich
daraufhin für eines der Angebote entscheiden, und die Banken dann ihre ausstehen-
den Verpflichtungen begleichen. Im Fall des Tri-Party Repo-Marktes wird diese
Interaktion durch die Vertreterbank moderiert, die es den Investoren erlaubt, ihr
Geld unabhängig vom Vertragsangebot der Bank zurückzuerhalten, und die die Bank
im Gegenzug kurzfristig überbrückungsfinanziert.
Die eben beschriebene Struktur kann als strategisches Spiel im Sinne der
Spieltheorie interpretiert werden. Spieler sind die Banken und die Anleger (sowie
möglicherweise die Vertreterbank, was das Spiel komplexer macht), ihre Strategien
sind die Vertragsangebote und Investitionsentscheidungen für die Banken und die
Anlageentscheidungen für die Anleger. In einem solchen Spiel ist die oben beschrie-
bene Allokation, in der alle Anleger ihre Mittel an die Banken verleihen, ein Nash-
Gleichgewicht; der Wert von r kann als Funktion der spezifischen Marktstruktur
berechnet werden. In diesem Gleichgewicht spielen Beleihungsgrad, Beleihungs-
grenzen und andere mögliche Vertragsvariablen keine Rolle, da es nicht zum Kon-
kursfall kommt: die Banken erhalten und verteilen Mittel in jeder Periode einzig und
allein gemäß dem Gleichgewichtszinssatz, und das entsprechende Verhalten ist für alle
Beteiligten optimal.
Es gibt allerdings leider auch rationale Alternativen zu diesem Gleichgewicht.
Wenn die Anleger einer bestimmten Bank zu Beginn einer Periode aus irgendeinem
 
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