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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Wenzel, Claudia: Pinselstrich oder Riss im Fels?: Gemeißelte Schriftzeichen und chinesische Kulturgeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0128
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7. Juli 2011

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tlerne Hymne eingeschlagen,1 aus der das im folgenden erläuterte Schriftzeichen
stammt.
Es existieren zwei Abreibungen des Schriftzeichens an der 23. Stelle in der
12. Vertikalzeile der Steinernen Hymne, die sich de facto nur durch einen einzigen
Pinselstrich unterscheiden: Die frühere, vor 2007 entstandene Abreibung, spart einen
Strich aus, der auf der jüngeren Abreibung aus dem Jahr 2009 als hakenförmiger
Strich in der linken unteren Ecke des Zeichens in Erscheinung tritt. Die Anwesen-
heit oder Abwesenheit dieses Striches ist ausschlaggebend für die jeweilige Lesung
von zwei semantisch verschiedenen Schriftzeichen, welche über den notwendigen
Umweg des online verfügbaren Wörterbuchs der Zeichenvarianten MiSZZÄ, heraus-
gegeben vom Erziehungsministerium der Republik China aufTaiwan,2 als die stan-
dardisierten Unicode Zeichen U+7FB2 in der Lesung xi ü , beziehungsweise
U+7FA9 in der Lesung yi 4t identifiziert werden können.3
Wird das Zeichen mit hakenförmigem Strich als xi gesehen, so wird in der
fünften von insgesamt sieben Strophen, die am Ende der Steinernen Hymne das
Meißelprojekt in gereimter Form mit poetischen Worten preisen, der Name des
berühmtesten aller chinesischen Kalligraphen,Wang Xizhi UftZ (303—361), gelesen,
und die Übersetzung lautet: „Die Exzellenz [der Kalligraphie] übertrifft [Wang]
Xi[zhi] und [Wei] Dan.“ Im Gegenzug kann das Zeichen in der Lesung yi im stren-
gen Parallelismus der gereimten Zeilen nur als Genetivkonstruktion verstanden
werden: „Die Exzellenz [der Kalligraphie] übertrifft die Gerechtigkeit des [Wei]
Dan.“




Abbildungen von links nach rechts: Nachtaufnahme des 23. Zeichens der 12. Vertikalzeile der
Steinernen Hymne am BergTie mit unklarem Befund; Abreibung von vor 2007 in der Lesung yi, und
Abreibung von 2009 in der Lesung xi.

1 Vgl. Sueyling Tsai und Claudia Wenzel. „Die Steinschriften der Sechs Berge von Zoucheng”.
100 Jahre Museum für Ostasiatische Kunst in Köln. Das Herz der Erleuchtung. Buddhistische Kunst in
China 550-600. Ausstellungskatalog herausgegeben vom Museum für Ostasiatische Kunst Köln
und der Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Buddhistische Stein-
schriften in Nord-China. Köln 2009, 24—37, und Katalog-Nr. 4, 62—64 und 144—146.
2 Verfügbar unter: http://140.lll.L40/start.htm
3 Online Zugriff auf die Unihan-Database, in der chinesische Schriftzeichen kodiert sind über:
http://www.unicode.org/charts/unihanrsindex.html
 
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