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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2011 — 2012

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I. Das Geschäftsjahr 2011
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Antrittsreden
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Hofmann, Werner: Antrittsrede von Herrn Werner Hofmann an der Heidelberger Akademie der Wissenschaften vom 16. April 2011
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https://doi.org/10.11588/diglit.55657#0168
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Werner Hofmann

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Mir und meiner Frau Brigitte — wir hatten 1981 geheiratet — gefiel es in Kali-
fornien sehr gut; 80-und-mehr Stunden Arbeitswochen wechselten sich ab mit
faszinierenden Touren entlang der kalifornischen Küste, und mit Ausflügen in die
Nationalparks Kaliforniens und der Nachbarstaaten. Die Freude wurde nur durch
die Tatsache getrübt, dass der Wechselkurs des Dollars zur D-Mark in diesen Jahren
um fast einen Faktor 1.5 anstieg und uns mit dem D-Mark Stipendium im ohnehin
teuren Kalifornien das Geld immer knapper wurde. Als mir 1983 eine Assistant-
Professor-Stelle an der Universität Berkeley angeboten wurde, verbunden mit einer
Anstellung am Lawrence-Berkeley-Labor, fiel die Entscheidung daher nicht schwer.
Anfang 1984 trat ich die neue Stelle an und es war damit auch klar, dass sich unser
Aufenthalt in den USA verlängern würde. Unsere Kinder Tobias (1985) und
Natalie (1986) sind auch Amerikaner; für das Leben mit Kleinkindern war das
kinderfreundliche Kalifornien ideal, ganz zu schweigen von der Tatsache, dass man
sich angesichts ganzjährig milder Temperaturen den Kauf von Winterkleidung spa-
ren konnte. Dank der Arbeiten mit der TPC und auch Dank einiger Rufe zurück
in die Heimat wurde ich 1985 zum Associate Professor mit Tenure befördert, und
1987 zum Professor. Das Angebot der Max-Planck-Gesellschaft auf die Direktoren-
stelle am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg war dann aber doch
so reizvoll — sowohl vom Ort wie von den wissenschaftlichen Perspektiven — dass
ich es nicht ablehnen konnte. Im Jahr 1988 haben wir daher Kind und Kegel ein-
gepackt, sind nach Heidelberg umgezogen (genau gesagt nach Bammental, wo wir
uns heute noch sehr wohlfühlen), und haben dann natürlich auch bald Winterklei-
dung für die Kinder erworben, die zum ersten Mal ein eingeschneites Haus erleben
durften.
So faszinierend die Teilchenphysik ist, gab es aber einen Trend, der mich und
viele Kollegen nachdenklich machte: die Experimente wurden immer größer, teu-
rer und langwieriger. Zur Zeit meiner Doktorarbeit waren an einem Experiment
vielleicht 30 Personen beteiligt, an den Experimenten am Large Hadron Collider des
CERN sind es heutzutage etwa 2000 Wissenschaftler. (Da die Autorenlisten bereits
viele Seiten füllen, haben Zeitschriften mit Seitenzahlbegrenzung, wie Physical
Review Letters, die Regeln dahingehend geändert, dass die Seiten mit Autorenlisten
nicht mitzählen.) Die Astroteilchenphysik — die Anwendung teilchenphysikalischer
Methoden zur Beantwortung astrophysikalischer Fragen bzw. die Nutzung astro-
physikalischer Teilchenquellen zur Untersuchung von Eigenschaften von Elementar-
teilchen — war für mich und viele meiner Kollegen die Antwort; hier konnte man
mit relativ bescheidenem Aufwand faszinierende neue Themen aufgreifen. Natur-
gemäß wurden aber auch hier mit wachsenden Anforderungen und wachsendem
Interesse in der Wissenschaftlergemeinschaft die Projekte immer größer; an unserem
geplanten neuen „Cherenkov Telescope Array“ sind über 800 Wissenschaftler aus
mehr als 120 Instituten in 25 Ländern beteiligt. Kleiner — „nur“ etwa 200 Wissen-
schaftler — ist die internationale Arbeitsgruppe, mit der wir, unter zentraler Beteili-
gung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik, mit neuartigen Teleskopen im Kho-
mas-Hochland von Namibia der Astronomie einen neuen Wellenlängenbereich
erschlossen haben.
 
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