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ANTRITTSREDEN
Eines der vier Teleskope des „High Energy Stereoscopic System“, das wir zum Nachweis höchst-
energetischer kosmischer Gammastrahlung in Namibia betreiben.
Worum geht es dabei? Kaum jemand kann sich der Faszination des Sternen-
himmels in einer klaren Nacht entziehen, noch weniger in der südlichen Hemi-
sphäre, wo sich das Band der Milchstraße über den Himmel zieht. Bilder des Hubble-
Teleskops zeigen Himmelsobjekte von erstaunlicher Schönheit und Farbvielfalt.
Dabei vergisst man leicht, wie eingeschränkt der Spektralbereich des menschlichen
Auges ist — der Frequenzbereich vom roten, langwelligen bis hin zum blauen, kurz-
welligen Licht deckt gerade mal eine „Oktave“ des Spektrums elektromagnetischer
Strahlung aus dem Kosmos ab. Das gesamte Spektrum der Strahlung, welche unsere
Erde erreicht und welche die primäre Quelle von Informationen über unsere nähe-
re und fernere kosmische Umgebung und über die Geschichte des Universums dar-
stellt, deckt aber mehr als 70 solcher Oktaven ab - man könnte sagen, der Kosmos
spielt auf einer 15 Meter langen Klaviatur, von der das sichtbare Licht nur eine
Oktave in der Mitte darstellt. Wesentliche Fortschritte der modernen Astronomie
sind darin begründet, dass Frequenzbereiche jenseits des sichtbaren Lichts der Beob-
achtung erschlossen wurden, und dass in diesen Bereichen ganz neue Phänomene
sichtbar wurden. Die „tiefen Töne“ auf der kosmischen Klaviatur sind die Radio-
wellen und die Infrarotstrahlung, die „hohen Töne“ diejenigen, die auf der anderen
Seite an das sichtbare Licht anschließen, das Ultraviolett, die Röntgenstrahlung und
die Gammastrahlung. Ziel unserer Arbeiten im letzten Jahrzehnt war, die Astronomie
bei kürzesten Wellenlängen, im Bereich hochenergetischer Gammastrahlung,
voranzubringen. „Licht“quanten dieser Strahlung haben die tausendmilliardenfache
Energie von Lichtquanten des sichtbaren Lichts; sie werden nur in extremen Um-
gebungen erzeugt, zum Beispiel in Sternexplosionen oder in der Umgebung von
schwarzen Löchern. Umso größer war die Überraschung, als es uns mit unseren
Teleskopen gelang, allein in der Milchstraße mehr als 50 Quellen dieser hoch-
ANTRITTSREDEN
Eines der vier Teleskope des „High Energy Stereoscopic System“, das wir zum Nachweis höchst-
energetischer kosmischer Gammastrahlung in Namibia betreiben.
Worum geht es dabei? Kaum jemand kann sich der Faszination des Sternen-
himmels in einer klaren Nacht entziehen, noch weniger in der südlichen Hemi-
sphäre, wo sich das Band der Milchstraße über den Himmel zieht. Bilder des Hubble-
Teleskops zeigen Himmelsobjekte von erstaunlicher Schönheit und Farbvielfalt.
Dabei vergisst man leicht, wie eingeschränkt der Spektralbereich des menschlichen
Auges ist — der Frequenzbereich vom roten, langwelligen bis hin zum blauen, kurz-
welligen Licht deckt gerade mal eine „Oktave“ des Spektrums elektromagnetischer
Strahlung aus dem Kosmos ab. Das gesamte Spektrum der Strahlung, welche unsere
Erde erreicht und welche die primäre Quelle von Informationen über unsere nähe-
re und fernere kosmische Umgebung und über die Geschichte des Universums dar-
stellt, deckt aber mehr als 70 solcher Oktaven ab - man könnte sagen, der Kosmos
spielt auf einer 15 Meter langen Klaviatur, von der das sichtbare Licht nur eine
Oktave in der Mitte darstellt. Wesentliche Fortschritte der modernen Astronomie
sind darin begründet, dass Frequenzbereiche jenseits des sichtbaren Lichts der Beob-
achtung erschlossen wurden, und dass in diesen Bereichen ganz neue Phänomene
sichtbar wurden. Die „tiefen Töne“ auf der kosmischen Klaviatur sind die Radio-
wellen und die Infrarotstrahlung, die „hohen Töne“ diejenigen, die auf der anderen
Seite an das sichtbare Licht anschließen, das Ultraviolett, die Röntgenstrahlung und
die Gammastrahlung. Ziel unserer Arbeiten im letzten Jahrzehnt war, die Astronomie
bei kürzesten Wellenlängen, im Bereich hochenergetischer Gammastrahlung,
voranzubringen. „Licht“quanten dieser Strahlung haben die tausendmilliardenfache
Energie von Lichtquanten des sichtbaren Lichts; sie werden nur in extremen Um-
gebungen erzeugt, zum Beispiel in Sternexplosionen oder in der Umgebung von
schwarzen Löchern. Umso größer war die Überraschung, als es uns mit unseren
Teleskopen gelang, allein in der Milchstraße mehr als 50 Quellen dieser hoch-