15. Juli 2011
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gen der Wissenschaftlichen Kommission der Union wurde vorgestellt. Ein Sym-
posium zum Kulturbegriff fand vom 15.-18. Juni in Tübingen statt.
Folgende Forschungsprojekte wurden in den Monaten Juni und Juli evaluiert:
— Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur,
— Edition von Bucers Deutschen Schriften,
— Edition Evangelische Kirchenordnungen,
— Klöster im Hochmittelalter.
6. Verschiedenes
Herr E. A. Schmidt berichtet über den Stand der Verhandlungen über die Erhal-
tung der deutschen Arbeitsstelle der Annee Philologique und bittet das Präsidium,
einen Brief an den Wissenschaftsrat zu schreiben, mit dem auch an dieser Stelle
noch einmal versucht werden soll, das Auslaufen dieses Projektes zu verhindern.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
HERR MOSBRUGGER HÄLT EINEN VORTRAG:
„Mensch und Kultur - auf dem Weg zu einem evolutionären Selbstverständnis“.
Einführung
„Was ist der Mensch?“ — diese von Kant als zentrales Problem der Philosophie for-
mulierte Frage ist nach wie vor unbeantwortet, auch wenn wir uns durch die
Zusammenarbeit vieler Disziplinen einer Lösung in einer Art „hermeneutischen
Spirale“ asymptotisch nähern. Unstrittig ist allerdings, dass die „Kultur“ ein konsti-
tuierendes Element des Menschseins bildet, auch wenn über die Definition von Kul-
tur ebenso heftig gestritten wird. Der Anthropologe Ed Tyler formuliert: „Cultur
oder Civilisation im weitesten ethnographischen Sinn ist jener Inbegriff von Wissen,
Glauben, Kunst, Moral, Gesetz, Sitte und allen übrigen Fähigkeiten und Gewohn-
heiten, welche der Mensch als Glied der Gesellschaft sich angeeignet hat“ (Tyler,
1873: 1). Als atheistischer Soziologe sieht Max Weber in der Kultur dagegen ledig-
lich „ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter
endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens. ... Eine
Kulturerscheinung ist die Prostitution so gut wie die Religion oder das Geld.“
(Weber, 1904/1968: 180).
Dabei macht es ohne Zweifel Sinn, sich dem Menschen und dem Kulturbe-
griff auch von einer evolutionsbiologischen Perspektive aus zu nähern. Denn, so der
allgemeine Konsens, Homo sapiens ist, wie jede andere biologische Art, im Laufe eines
langen und schrittweisen Evolutionsprozesses entstanden. Alle Befunde deuten bis-
her darauf hin, dass sich die Entwicklungslinien der Menschenaffen und der Men-
schen vor rund 6—7 Millionen Jahren in Afrika endgültig trennten. Überraschend
bleibt, dass sich unsere DNA trotz dieser langen getrennten Entwicklungsgeschichte
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gen der Wissenschaftlichen Kommission der Union wurde vorgestellt. Ein Sym-
posium zum Kulturbegriff fand vom 15.-18. Juni in Tübingen statt.
Folgende Forschungsprojekte wurden in den Monaten Juni und Juli evaluiert:
— Edition literarischer Keilschrifttexte aus Assur,
— Edition von Bucers Deutschen Schriften,
— Edition Evangelische Kirchenordnungen,
— Klöster im Hochmittelalter.
6. Verschiedenes
Herr E. A. Schmidt berichtet über den Stand der Verhandlungen über die Erhal-
tung der deutschen Arbeitsstelle der Annee Philologique und bittet das Präsidium,
einen Brief an den Wissenschaftsrat zu schreiben, mit dem auch an dieser Stelle
noch einmal versucht werden soll, das Auslaufen dieses Projektes zu verhindern.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
HERR MOSBRUGGER HÄLT EINEN VORTRAG:
„Mensch und Kultur - auf dem Weg zu einem evolutionären Selbstverständnis“.
Einführung
„Was ist der Mensch?“ — diese von Kant als zentrales Problem der Philosophie for-
mulierte Frage ist nach wie vor unbeantwortet, auch wenn wir uns durch die
Zusammenarbeit vieler Disziplinen einer Lösung in einer Art „hermeneutischen
Spirale“ asymptotisch nähern. Unstrittig ist allerdings, dass die „Kultur“ ein konsti-
tuierendes Element des Menschseins bildet, auch wenn über die Definition von Kul-
tur ebenso heftig gestritten wird. Der Anthropologe Ed Tyler formuliert: „Cultur
oder Civilisation im weitesten ethnographischen Sinn ist jener Inbegriff von Wissen,
Glauben, Kunst, Moral, Gesetz, Sitte und allen übrigen Fähigkeiten und Gewohn-
heiten, welche der Mensch als Glied der Gesellschaft sich angeeignet hat“ (Tyler,
1873: 1). Als atheistischer Soziologe sieht Max Weber in der Kultur dagegen ledig-
lich „ein vom Standpunkt des Menschen aus mit Sinn und Bedeutung bedachter
endlicher Ausschnitt aus der sinnlosen Unendlichkeit des Weltgeschehens. ... Eine
Kulturerscheinung ist die Prostitution so gut wie die Religion oder das Geld.“
(Weber, 1904/1968: 180).
Dabei macht es ohne Zweifel Sinn, sich dem Menschen und dem Kulturbe-
griff auch von einer evolutionsbiologischen Perspektive aus zu nähern. Denn, so der
allgemeine Konsens, Homo sapiens ist, wie jede andere biologische Art, im Laufe eines
langen und schrittweisen Evolutionsprozesses entstanden. Alle Befunde deuten bis-
her darauf hin, dass sich die Entwicklungslinien der Menschenaffen und der Men-
schen vor rund 6—7 Millionen Jahren in Afrika endgültig trennten. Überraschend
bleibt, dass sich unsere DNA trotz dieser langen getrennten Entwicklungsgeschichte