20. Juni 2011
149
AKADEMIENTAG 2011
„Endet das europäische Zeitalter?“
Der Akademientag, eine Gemeinschaftsveranstaltung der acht Akademien der
Union, hat seit ein paar Jahren eine neue Bestimmung und ein neues Gesicht. Er soll
die Akademien der Union einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen und dabei sicht-
bar machen, dass die Akademien zum Verständnis wichtiger Gegenwartsfragen
Wesentliches beizutragen haben. Jeder Akademientag hat ein Thema, das zwei Anfor-
derungen genügen muss: Zum einen soll es das Interesse des Publikums und mög-
lichst auch der Medien wecken, zum andern soll es für eine Diskussion über die
Grenzen wissenschaftlicher Fächer hinweg geeignet sein, damit auf dem Akade-
mientag exemplarisch wahrnehmbar wird, wie das interdisziplinäre Gespräch, dem
die Akademien verpflichtet sind, abläuft und was es erbringen kann. Das Thema des
Akademientages 2011, der am 20. Juni in der Berlin-Brandenburgischen Akademie
stattfand, war die Frage „Endet das europäische Zeitalter?“. Federführend waren
diesmal die Heidelberger Akademie der Wissenschaften und die Akademie der Wis-
senschaften und der Literatur Mainz.
In den vorbereitenden Diskussionen war die Frage diskutiert worden, ob es
noch sinnvoll sei, das Thema mit einem Fragezeichen zu präsentieren. Ist das „Ende
des europäischen Zeitalters“ nicht offensichtlich? Es hat sich dann aber das Gegen-
argument durchgesetzt, dass das Fragezeichen für ein komplexeres Verständnis des
Themas stehe: Natürlich ist die Epoche europäischer Weltherrschaft längst zu Ende
gegangen, spätestens mit dem Zweiten Weltkrieg. Und das politische wie das wirt-
schaftliche Gewicht Europas in der Welt nimmt immer weiter ab. Aber das ändert
nichts daran, dass Europa die Welt stark und vermutlich dauerhaft geprägt hat. Die
industrielle Revolution, der Kapitalismus, die moderne Wissenschaft haben von
Europa aus ihren Siegeszug um die Welt angetreten. Die Leitideen der Aufklärung
haben eine weltweite Wirkung entfaltet. Zu ihnen gehört das Ideal, dass politische
Autorität rechtsgebunden und demokratisch legitimiert ausgeübt werden soll, dem
diese Weltwirkung in besonderer Weise zugewachsen ist. Sind also das Ende der
europäischen Vormachtstellung in der Welt und die Europäisierung der Welt zwei
Seiten einer Medaille? Auf diese Frage sollte das Fragezeichen hinter dem Thema des
Akademientages hinweisen.
Es wurde in insgesamt sieben Vorträgen behandelt. Am Anfang stand ein histo-
rischer Vortrag „Erben und Enterbte der europäischen Weltherrschaft“ (Wolfgang
Reinhard, HAW), der die Frage stellte, ob und in welchem Sinn von einem
„europäischen Zeitalter“ überhaupt die Rede sein könne. Ihm folgten, in zwei Drei-
ergruppen parallel angeboten, sechs weitere Vorträge. Graf Kielmansegg (HAW)
sprach über die Frage „Denkt die Welt europäisch? Das Beispiel Politik“. Er ent-
wickelte die These, dass es, was den normativen politischen Diskurs angeht, weltweit
so etwas wie eine europäische Diskursharmonie gebe. Parallel dazu sollte Christoph
Meinel (Leopoldina) das Thema „Denkt die Welt europäisch? Das Beispiel Wissen-
schaft“ behandeln. Er musste kurzfristig absagen. Für ihn sprang dankenswerterweise
149
AKADEMIENTAG 2011
„Endet das europäische Zeitalter?“
Der Akademientag, eine Gemeinschaftsveranstaltung der acht Akademien der
Union, hat seit ein paar Jahren eine neue Bestimmung und ein neues Gesicht. Er soll
die Akademien der Union einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen und dabei sicht-
bar machen, dass die Akademien zum Verständnis wichtiger Gegenwartsfragen
Wesentliches beizutragen haben. Jeder Akademientag hat ein Thema, das zwei Anfor-
derungen genügen muss: Zum einen soll es das Interesse des Publikums und mög-
lichst auch der Medien wecken, zum andern soll es für eine Diskussion über die
Grenzen wissenschaftlicher Fächer hinweg geeignet sein, damit auf dem Akade-
mientag exemplarisch wahrnehmbar wird, wie das interdisziplinäre Gespräch, dem
die Akademien verpflichtet sind, abläuft und was es erbringen kann. Das Thema des
Akademientages 2011, der am 20. Juni in der Berlin-Brandenburgischen Akademie
stattfand, war die Frage „Endet das europäische Zeitalter?“. Federführend waren
diesmal die Heidelberger Akademie der Wissenschaften und die Akademie der Wis-
senschaften und der Literatur Mainz.
In den vorbereitenden Diskussionen war die Frage diskutiert worden, ob es
noch sinnvoll sei, das Thema mit einem Fragezeichen zu präsentieren. Ist das „Ende
des europäischen Zeitalters“ nicht offensichtlich? Es hat sich dann aber das Gegen-
argument durchgesetzt, dass das Fragezeichen für ein komplexeres Verständnis des
Themas stehe: Natürlich ist die Epoche europäischer Weltherrschaft längst zu Ende
gegangen, spätestens mit dem Zweiten Weltkrieg. Und das politische wie das wirt-
schaftliche Gewicht Europas in der Welt nimmt immer weiter ab. Aber das ändert
nichts daran, dass Europa die Welt stark und vermutlich dauerhaft geprägt hat. Die
industrielle Revolution, der Kapitalismus, die moderne Wissenschaft haben von
Europa aus ihren Siegeszug um die Welt angetreten. Die Leitideen der Aufklärung
haben eine weltweite Wirkung entfaltet. Zu ihnen gehört das Ideal, dass politische
Autorität rechtsgebunden und demokratisch legitimiert ausgeübt werden soll, dem
diese Weltwirkung in besonderer Weise zugewachsen ist. Sind also das Ende der
europäischen Vormachtstellung in der Welt und die Europäisierung der Welt zwei
Seiten einer Medaille? Auf diese Frage sollte das Fragezeichen hinter dem Thema des
Akademientages hinweisen.
Es wurde in insgesamt sieben Vorträgen behandelt. Am Anfang stand ein histo-
rischer Vortrag „Erben und Enterbte der europäischen Weltherrschaft“ (Wolfgang
Reinhard, HAW), der die Frage stellte, ob und in welchem Sinn von einem
„europäischen Zeitalter“ überhaupt die Rede sein könne. Ihm folgten, in zwei Drei-
ergruppen parallel angeboten, sechs weitere Vorträge. Graf Kielmansegg (HAW)
sprach über die Frage „Denkt die Welt europäisch? Das Beispiel Politik“. Er ent-
wickelte die These, dass es, was den normativen politischen Diskurs angeht, weltweit
so etwas wie eine europäische Diskursharmonie gebe. Parallel dazu sollte Christoph
Meinel (Leopoldina) das Thema „Denkt die Welt europäisch? Das Beispiel Wissen-
schaft“ behandeln. Er musste kurzfristig absagen. Für ihn sprang dankenswerterweise