Goethe- Wörterbuch
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eil in der ‘Provinz’. Es wird auch ‘protestiert’, nämlich gegen die ‘vulkanistische’ (dazu
kommen wir im Jahre 2022!) ‘Poltertheorie’, das newtonische ‘Prismengespenst’ oder
aber das ‘anarchische Prinzip’ als sich schon zu Goethes Zeiten abzeichnende
Lebensform des anarchischen Individualismus. ‘Proteus’ und ‘Prometheus’, diverse
‘Pfefferkuchenmädchen’, ‘Poltergeister’, ‘Popanze’ und ‘Proktophantasmisten’ bevöl-
kern diese Alphabetstrecke, ebenso wie der ‘Pritschmeister’, auf größeren Schützen-
festen bis in die Kaiserzeit hinein Stimmungskanone und Security-Chef in einer
Person. — Um die ‘Pöbelmajestät’, die machtvolle öffentliche Meinung, erfolgreich
einzulullen, bedient sich die ‘Politik’ gern eines ‘Phrasenflors’. Dies schickt sich
jedoch nicht im ‘Ostensionstheater’, wohinter sich keine neudeutsche Regiemode
verbirgt, sondern der arenenartige Hörsaal für anatomische Vorlesungen und Vor-
führungen. Dort darf man eher ‘Polemik’ erwarten, in ihrer alten Tugendhaftigkeit als
akademische Disputationskunst, einer - für das (Lese-)Publikum - dialektisch-didak-
tisch durchgespielten wissenschaftlichen Kontroverse. Wer sich beim ‘Portiunkelfesf
des Franziskanerordens verausgabt hat - es handelt sich um ein sogenanntes Ablass-
fest — und auch keine ‘Parforcehornsymphonie’ mehr anhören mag, der darf sich ins
‘Private’ zurückziehen und dort ausgiebig verweilen: ‘privat’ bildet bei Goethe
immerhin einhundertzwanzig Komposita!
Nur noch eines, bevor es ‘prolix’ (weitschweifig, langatmig) wird: Goethes aus-
dauernde Bemühungen um ein ‘Privilegium’ für seine von Cotta verlegte Gesamt-
ausgabe letzter Hand, d. h. einen obrigkeitlichen Schutz vor dem noch allenthalben
üblichen Raubdruck, hatten beim damaligen ‘Bundestag’ schließlich Erfolg und
machen ihn zum Vorreiter des Urheberrechts.
Während ihrer Tübinger Gastdozentur suchte am 19. Mai auch die renom-
mierte Übersetzerin Chrystyna Nazarkewytsch aus Lviv (Lemberg) in der Ukraine
die Arbeitsstelle auf, was von beiden Seiten als sehr anregend empfunden wurde. -
Zwei Kommissionssitzungen in Göttingen am 7. Januar und am 24. Oktober sollten
der Klärung von Ursachen des zunehmenden Auseinanderdriftens der Produkti-
onstempi der drei Arbeitsstellen dienen, außerdem der Förderung des Fortgangs der
Online-Version des Goethe-Wörterbuchs und, ganz besonders, der Vorbereitung der
Evaluation 2012. Greifbares Ergebnis war, dass die Begehung durch die Evaluatoren
in der Tübinger Arbeitsstelle stattfinden wird.
Norbert Machheit nahm sich in bewährter Weise, vielfältig unterstützt von
Kornelia Wegenast, der Pflege des Archivs, der Nachexzerption neu edierter natur-
wissenschaftlicher Schriften Goethes, der Erweiterung bzw. Verfeinerung aller Listen
und Konkordanzen sowie der gründlichen Vorbereitung der eigentlichen Artikelab-
fassung an. Martina Eicheldinger besorgte, umsichtig wie immer, die Ergänzung
unserer Bibliothek, einschließlich einer thematisch unterteilten Aufstellung wichti-
ger im Netz zugänglicher Nachschlagewerke, und die Beantwortung wissenschaft-
lich ernst zu nehmender Anfragen. Schwierigster Fall war eine Rückübersetzung aus
dem Türkischen.
Zu unser aller Bestürzung verstarb am 6. Oktober, nachdem sie sich bereits
Anfang September in intensive Behandlung hatte begeben müssen, unsere Kollegin
Lydia Quaas. Nach viermonatiger Vakanz wird zum 1. Januar 2012 Sofia Frys ihre
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eil in der ‘Provinz’. Es wird auch ‘protestiert’, nämlich gegen die ‘vulkanistische’ (dazu
kommen wir im Jahre 2022!) ‘Poltertheorie’, das newtonische ‘Prismengespenst’ oder
aber das ‘anarchische Prinzip’ als sich schon zu Goethes Zeiten abzeichnende
Lebensform des anarchischen Individualismus. ‘Proteus’ und ‘Prometheus’, diverse
‘Pfefferkuchenmädchen’, ‘Poltergeister’, ‘Popanze’ und ‘Proktophantasmisten’ bevöl-
kern diese Alphabetstrecke, ebenso wie der ‘Pritschmeister’, auf größeren Schützen-
festen bis in die Kaiserzeit hinein Stimmungskanone und Security-Chef in einer
Person. — Um die ‘Pöbelmajestät’, die machtvolle öffentliche Meinung, erfolgreich
einzulullen, bedient sich die ‘Politik’ gern eines ‘Phrasenflors’. Dies schickt sich
jedoch nicht im ‘Ostensionstheater’, wohinter sich keine neudeutsche Regiemode
verbirgt, sondern der arenenartige Hörsaal für anatomische Vorlesungen und Vor-
führungen. Dort darf man eher ‘Polemik’ erwarten, in ihrer alten Tugendhaftigkeit als
akademische Disputationskunst, einer - für das (Lese-)Publikum - dialektisch-didak-
tisch durchgespielten wissenschaftlichen Kontroverse. Wer sich beim ‘Portiunkelfesf
des Franziskanerordens verausgabt hat - es handelt sich um ein sogenanntes Ablass-
fest — und auch keine ‘Parforcehornsymphonie’ mehr anhören mag, der darf sich ins
‘Private’ zurückziehen und dort ausgiebig verweilen: ‘privat’ bildet bei Goethe
immerhin einhundertzwanzig Komposita!
Nur noch eines, bevor es ‘prolix’ (weitschweifig, langatmig) wird: Goethes aus-
dauernde Bemühungen um ein ‘Privilegium’ für seine von Cotta verlegte Gesamt-
ausgabe letzter Hand, d. h. einen obrigkeitlichen Schutz vor dem noch allenthalben
üblichen Raubdruck, hatten beim damaligen ‘Bundestag’ schließlich Erfolg und
machen ihn zum Vorreiter des Urheberrechts.
Während ihrer Tübinger Gastdozentur suchte am 19. Mai auch die renom-
mierte Übersetzerin Chrystyna Nazarkewytsch aus Lviv (Lemberg) in der Ukraine
die Arbeitsstelle auf, was von beiden Seiten als sehr anregend empfunden wurde. -
Zwei Kommissionssitzungen in Göttingen am 7. Januar und am 24. Oktober sollten
der Klärung von Ursachen des zunehmenden Auseinanderdriftens der Produkti-
onstempi der drei Arbeitsstellen dienen, außerdem der Förderung des Fortgangs der
Online-Version des Goethe-Wörterbuchs und, ganz besonders, der Vorbereitung der
Evaluation 2012. Greifbares Ergebnis war, dass die Begehung durch die Evaluatoren
in der Tübinger Arbeitsstelle stattfinden wird.
Norbert Machheit nahm sich in bewährter Weise, vielfältig unterstützt von
Kornelia Wegenast, der Pflege des Archivs, der Nachexzerption neu edierter natur-
wissenschaftlicher Schriften Goethes, der Erweiterung bzw. Verfeinerung aller Listen
und Konkordanzen sowie der gründlichen Vorbereitung der eigentlichen Artikelab-
fassung an. Martina Eicheldinger besorgte, umsichtig wie immer, die Ergänzung
unserer Bibliothek, einschließlich einer thematisch unterteilten Aufstellung wichti-
ger im Netz zugänglicher Nachschlagewerke, und die Beantwortung wissenschaft-
lich ernst zu nehmender Anfragen. Schwierigster Fall war eine Rückübersetzung aus
dem Türkischen.
Zu unser aller Bestürzung verstarb am 6. Oktober, nachdem sie sich bereits
Anfang September in intensive Behandlung hatte begeben müssen, unsere Kollegin
Lydia Quaas. Nach viermonatiger Vakanz wird zum 1. Januar 2012 Sofia Frys ihre