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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2013 — 2014

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I. Das akademische Jahr 2013
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Wissenschaftliche Sitzungen
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Gesamtsitzung am 26. Januar 2013
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Kielmansegg, Peter: Die Gefährdung des europäischen Projektes
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https://doi.org/10.11588/diglit.55655#0045
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68 | SITZUNGEN

TOP 4a: Vorlage des Wirtschaftsplanes 2013
Der Versammlung wird der sehr kurzfristig vom Geschäftsführer vorgelegte Wirt-
schaftsplan 2013 mittels einer Tischvorlage vorgestellt. Es ergeben sich einige Vor-
schläge und Anmerkungen, unter anderem z.B. zum Ansatz für die WIN-Mittel. Es
wird beschlossen, dass Fragen zum vorgeschlagenen Wirtschaftsplan und eventuelle
Vorschläge schriftlich per Email an den Präsidenten oder auch an die Geschäftsstel-
le bis zum 21.02.2013 zu richten sind. Der Wirtschaftsplan wird dann in der Sitzung
am 01.03.2013 verabschiedet.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
PETER GRAF KIELMANSEGG HÄLT DAS IMPULSREFERAT:
„Die Gefährdung des europäischen Projektes“.
Nach Jahrzehnten eines mehr oder minder stetigen Fortschreitens, das wenn nicht
vom Enthusiasmus so doch von wohlwollender Uninteressiertheit der Völker
Europas getragen war, ist der Integrationsprozess in eine existentielle Krise geraten.
Das europäische Projekt erscheint als gefährdet, und zwar gefährdet durch sich selbst;
genauer: durch eine Dynamik des „immer enger“ und zugleich „immer weiter“, die
sich verselbständigt hat. Das Legitimitätsfundament des europäischen Projektes ist
durch die Krise der Währungsunion zum ersten Mal erschüttert. Die Menschen
erfahren die Europäische Union als eine Macht, die ihnen, so oder so, hohe Opfer
zumutet, ohne ihnen den geringsten Einfluss auf das Krisenmanagement einzu-
räumen. In dieser Lage stellt sich die Frage, wie es mit dem europäischen Projekt
weitergehen soll, neu in dramatischer Schärfe.
In Deutschland sind besondere Bedingungen gegeben. Einerseits haben es die
politischen Eliten mit der moralischen Überhöhung des europäischen Projektes sehr
weit getrieben und sind den Bürgern im Bewusstsein, für die gute Sache zu stehen,
immer in einem Konsenskartell gegenüber getreten, das den Bürgern als Wählern
jede Chance einer Einflussnahme auf den Gang der Dinge nahm. Andererseits muss
Deutschland jetzt die Hauptlast der Kreditgarantien für die Krisenländer tragen. In
dieser Konstellation hat das Bundesverfassungsgericht eine Schlüsselbedeutung in
der deutschen Europapolitik gewonnen.
Es hat in seinen einschlägigen Urteilen mit zunehmender Eindringlichkeit die
Frage aufgeworfen, wie viel Integration das Grundgesetz zulasse. Und es hat, in
engem Zusammenhang damit, postuliert, dass an einem bestimmten Punkt der Ent-
wicklung die Bürger selbst über den Fortgang der Integration entscheiden müssten.
Diese Auslegung der Verfassung ist demokratietheoretisch gut begründbar. Mit der
Gründung eines europäischen Bundesstaates würde das Selbstregierungsrecht, das
sich in der Inanspruchnahme der verfassungsgebenden Gewalt artikuliert, von einem
Kollektiv auf ein anderes übergehen. Der Modus stellvertretenden Handelns stößt
 
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