Metadaten

Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2014 — 2015

DOI Kapitel:
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder
DOI Kapitel:
II. Nachrufe
DOI Artikel:
Wolgast, Eike: Dieter Mertens (9.1.1940 – 4.10.2014)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55654#0358
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
D. Antrittsreden, Nachrufe, Organe, Mitglieder

1480-1520“ hat Mertens zahlreiche, oft umfangreiche Artikel geschrieben, darun-
ter über Heinrich Bebel und wiederum Wimpfeling; auch zu anderen Nachschla-
gewerken steuerte er Biographien bei. Ein besonderes Interesse galt den Freiburger
Universitätshumanisten wie der Frühgeschichte der Universität Freiburg über-
haupt. Eine bedeutende Studie war dem Thema „Oberrheinische Humanisten im
Bild. Zum Gelehrtenbildnis um 1500“ (1997) gewidmet; auch in anderen Arbeiten
nutzte Herr Mertens gern die Ikonographie, um politische, rechtliche oder intel-
lektuelle Sachverhalte und Zusammenhänge zu visualisieren und durch einlässli-
che Interpretationen zu verdeutlichen.
Mehrfach hat Herr Mertens den Komplex Dichter und Herrscher untersucht.
In „Rituale der Zuordnung“ (2010) wurde ein großer tour d’horizon vom 7. bis
zum Anfang des 19. Jahrhunderts unternommen, um das Verhältnis von Dich-
ter und Fürst zu bestimmen, ausführlich exemplifiziert an den verschiedenen Ar-
ten des Herrscherlobs bei Paulinus von Aquileja (Karl der Große), Reinmar von
Zweter (Friedrich II.) und Zanobi da Strada (Karl IV). „Die Dichter rühmen ihre
Funktion als Herren über den Ruhm der Herrscher, wogegen diese eben darum
die Dichter in ihren Dienst nehmen.“ Diese Indienstnahme, vor allem durch das
Instrument der Krönung zum „poeta laureatus“, hatte Mertens schon früher unter-
sucht: „Petrarcas »Privilegium laureationis«“ (1988) und „Zu Sozialgeschichte und
Funktion des poeta laureatus im Zeitalter Maximilians I.“ (1996). Die Textsorte
des privilegium laureationis wurde von ihm gewissermaßen entdeckt und erstmals
systematisch ausgewertet. Kaiser Maximilian I. setzte das Mittel der Dichterkrö-
nung (fast 40 in seiner Regierungszeit) gezielt ein, um ein Klientelsystem loyaler
Kaiserpublizisten aufzubauen. Der Aufsatz „Maximilians gekrönte Dichter über
Krieg und Frieden“ (1986) illustrierte diesen Befund. Zum Bereich der Humanis-
musforschung gehören auch die Studien über Aussage, Bedeutung und Tradition
von Staats- und Gelehrtenreden des Spätmittelalters, so „Die Rede als institutiona-
lisierte Kommunikation im Zeitalter des Humanismus“ (1997) und „Zu Funktio-
nen und Überlieferung lateinischer Türkenreden im 15. Jahrhundert“ (1997).
Humanismus war für Dieter Mertens aber nicht nur durch die große Geis-
tes- und Gelehrtenströmung des Spätmittelalters definiert, wenngleich diese Zeit
besonders im Fokus seiner Untersuchungen stand, sondern schloss den so ge-
nannten Späthumanismus am Ende des 16. Jahrhunderts ein. Schon in seinen
wissenschaftlichen Anfängen stellte Mertens Überlegungen zu einer Ausgabe der
Schriften des kurpfälzischen Dichters und Publizisten Julius Wilhelm Zincgref
(1591 -1635) (1972) an - an der Edition arbeitete er zusammen mit dem Germa-
nisten Theodor Veiweyen in den folgenden Jahrzehnten. Als Specimen umfassen-
der Gelehrsamkeit auf begrenztem Raum erweist sich insbesondere die Edition
von Zincgrefs Flugschrift „Ad Fridericum Bohemiae regem epos“ von 1619 mit
Übersetzung, genauem Stellennachweis und Aufschlüsselung von Anspielungen
(2011). Eine frühe Untersuchung galt der Auswertung eines Heidelberger Ge-

360
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften