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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2017 — 2018

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A. Das akademische Jahr 2017
DOI Kapitel:
III. Veranstaltungen
DOI Artikel:
Verleihung des Karl-Jaspers-Preises 2017 an das Ehepaar Jan und Aleida Assmann
DOI Artikel:
Assmann, Aleida: Über Erinnerung und Wahrheit, Medien und Öffentlichkeit
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https://doi.org/10.11588/diglit.55651#0129
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Verleihung des Karl-Jaspers-Preises 2017 an Jan und Aleida Assmann

- zweitens: im Druckzeitalter vernetzen wir uns selbst; im Internet vernetzen
wir uns ebenfalls selbst, werden aber obendrein, ob wir das wollen oder nicht,
ständig immer weiter vernetzt. Die Automatik der Algorithmen besorgt eine
fortgesetzte Fremdvernetzung mit Informationen, Angeboten, Einkaufstipps
und einer Fülle anderer Verlinkungen, in die wir keinen Einblick und über die
wir keinen Einfluss mehr haben.
- drittens: Im Druckzeitalter, so Arendt, sehen sich die Funken „und jeder
flammt heller, weil er andere sieht.“ Im Internet funktioniert die Resonanz
eher umgekehrt: hier wird man in dem Maße heller, wie man von anderen
gesehen wird.
Hannah Arendt hat das „Geisterreich der humanitas“ mit folgenden Worten
vorgestellt: „Vernunft hat es geschaffen und Freiheit regiert in ihm.“ Auch das
Internet wurde von der Vernunft geschaffen, doch es regiert schon längst nicht
mehr die Freiheit in ihm, sondern das Geld und die Macht. Es hat nicht nur neue
Formen von Kommunikation und Vergesellschaftung hervorgebracht, sondern
mit der Auflösung der Grenze von privat und öffentlich auch neue Formen der
Ausbeutung, der Gewalt und der Übeiwachung. Neben Geld und Macht regieren
im Internet auch die Algorithmen und Suchmaschinen. So fördert das Internet
zwar direkte Partizipation und Artikulation, aber es trägt mit der Vervielfältigung
der Stimmen nicht unbedingt zu mehr Austausch und Dialog bei. Statt Argumen-
ten, die aufeinander Bezug nehmen, stehen feste Meinungen nebeneinander. So
fällt paradoxerweise im Zeitalter der Konnektivität die Öffentlichkeit auseinander
und bildet Filterblasen, weil marktorientierte Algorithmen und Suchmaschinen
unsere Nutzerprofile kennen und uns nur noch in dem bestätigen, was wir bereits
kennen und wertschätzen.
Das Internet hat die Vorstellung einer Öffentlichkeit im Singular abgeschafft
und durch viele Öffentlichkeiten im Plural ersetzt, die zerstreut, fragmentiert, ge-
spalten und voneinander isoliert sind. Es bietet keine Vision einer besseren Welt,
sondern ist ein drastischer Spiegel der Welt wie sie ist und wie sie sich rapide ver-
ändert mit all ihren Idealen, Ideen, Chancen, Fehlern und Gefahren. Öffentlich-
keit, das wird dabei klar, ist nicht das Produkt eines neuen Mediums, sondern das
Resultat fortgesetzter menschlicher Anstrengungen. Dafür lohnt es sich, ab und
zu Maß zu nehmen an Arendts Geisterreich und Jaspers4 humanitas als Modell
eines öffentlichen Raums, „in dem durch das Chaos die Wahrheit sich hervor-
treibt“.

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