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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2019 — 2020

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B. Die Mitglieder
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Halfwassen, Jens: Werner Beierwaltes
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https://doi.org/10.11588/diglit.55176#0208
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B. Die Mitglieder

kommentierte Übersetzung einer zentralen Schrift Plotins vor: der Enneade V 3
(„Über die erkennenden Wesenheiten und das absolut Transzendente“). Seit den
siebziger Jahren waren, vor allem durch die Arbeiten von Dieter Henrich und
Klaus Düsing zum deutschen Idealismus von Kant bis Hegel, die Fragen nach
der Subjektivität und der Struktur des Selbstbewusstseins ins Zentrum des phi-
losophischen Interesses getreten. Henrich, damals Beierwaltes’ Kollege in Mün-
chen, gab dieser Thematik durch seine Suche nach einem präreflexiven „Grund
im Bewusstsein“ und durch seine Philosophie der All-Einheit eine Wendung ins
Metaphysische, die ihn systematisch in die Nähe des Neuplatonismus brachte.
So traf auch Beierwaltes’ zweite Plotin-Monographie genau den Nerv der Zeit.
Was Beierwaltes’ Arbeiten vor den allermeisten Studien zum Neuplatonismus
auszeichnet, die zu einem großen Teil von Klassischen Philologen stammen, ist
sein entschieden philosophischer, stets systematisch interessierter Zugriff. Bei-
erwaltes’ lebenslange Beschäftigung mit dem Neuplatonismus erfolgte erklär-
termaßen nicht aus einem primär historischen Interesse, sondern es ging ihm
stets um die Metaphysik und die darin gedachte Wahrheit. Es ging darum, mit
historischen Mitteln eine Vollendungsgestalt metaphysischen Denkens auszuwei-
sen, an deren Maß sich auch die Kritik an der Metaphysik messen lassen muss.
Als diese Vollendungsgestalt identifizierte Werner Beierwaltes den Neuplato-
nismus der Spätantike, der als die abschließende Synthese des antiken Denkens
auf der Grundlage der Philosophie Platons, die bereits die systematische Gestalt
einer Metaphysik des Einen hatte, die metaphysisch relevanten Einsichten des
Aristoteles und der großen Vorsokratiker von Xenophanes und Heraklit über
Parmenides und Zenon bis zu Empedokles und Anaxagoras in den Platonismus
integrierte.
Den Rang und die exzeptionelle synthetische Kraft des Neuplatonismus er-
weist auch seine immense Wirkungsgeschichte, die Beierwaltes in einer Reihe
gewichtiger Studien aufgearbeitet hat. In Platonismus und Idealismus (1972) zeigte
er, wie Hegel und Schelling zu Beginn des 19. Jahrhunderts den Neuplatonis-
mus wiederentdeckt und gegen seine aufklärerische Verunglimpfung als irratio-
nale „Schwärmerei“ und Mystizismus rehabilitiert haben. Dabei arbeitete er den
Einfluss neuplatonischer Denkstrukturen auf zentrale Einsichten des spekulati-
ven Idealismus heraus. Als neuplatonisch inspiriert erweisen sich insbesondere
das Konzept einer dynamischen Identität: einer Form von All-Einheit, in der Viel-
heit und Differenz nicht in der „Nacht, in der alle Kühe schwarz sind“ (Hegel)
verschwinden, sondern in einer selbstbezüglichen Differenz-Einheit bewahrt,
ent-grenzt und gesteigert werden; ferner der Gedanke einer konkreten Totalität und
Allgemeinheit, die das Besondere und Einzelne nicht wie ein diskursiver Oberbe-
griff bloß unter sich, sondern als die immanenten Artikulationsmomente seiner
eigenen Selbstentfaltung und Selbstvermittlung in sich selbst enthält und darum die
Grundstruktur erfüllter denkender Selbstbeziehung darstellt. Beierwaltes nutzte

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