Metadaten

Burkhardt, Stefan [Hrsg.]
Vita Arnoldi archiepiscopi Moguntinensis: die Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen; Edition, Übersetzung und Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 2: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

DOI Artikel:
Vita arnoldi archiepiscopi moguntinensis: Die Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31469#0058
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5
10
15
20
25
Edition und Übersetzung 57
4. Der verehrungswürdige Mann des Herrn aber, der, wie gesagt, inmitten ²⁹ des
verworfenen und verkehrten Geschlechts seiner Mitbürger ³⁰ wie ein Gestirn hell
strahlend aufleuchtete, wuchs um so mehr an Ruhm und Ehre, je mehr er verfolgt
wurde, und erhob sich beständig zu Höherem und der Tugend Nächstem. Denn
er erklomm die Stufen der Würden, wie man zu sagen pflegt, vom ³¹ untersten
Absatz bis zum obersten Rang, und nachdem ihm Gott einen großen ³² Namen
verschafft hatte gleich dem Namen der Großen auf Erden, so dass er, umhüllt von
fürstlichem Glanz, als höchstberühmter Kanzler des kaiserlichen Hofes ³³ , gleichsam
ein zweiter Kaiser an der Seite des Kaisers ³⁴ , die Reichsgeschäfte leitete, da
stellte er, der gegenüber allen Bedrängten ein gütiges und sehr zur Milde neigendes
Herz in sich trug, für die Waisen und Witwen, für die Schottenmönche ³⁵ – die
von den entlegensten Gebieten am Rande der Welt mit dem Pilgerstab mitten in
unsere Lande ausgesandt wurden – sowie für alle Pilger und Verfolgten die einzige
Zuflucht und Rüstkammer und den sichersten Hafen dar. So konnte er mit dem
seligen Job sagen: „Obwohl ³⁶ ich wie ein König auf meinem Thron saß, war ich
doch ein Tröster der Trauernden“. Selten einmal verließ ihn ein Armer, den seine
Hand nicht gelabt hatte. Zu einer Zeit hereinbrechenden Mangels aber, der ganz
Deutschland durch eine Hungersnot zugrundezurichten drohte ³⁷ , speiste er dreihundert
Arme – nachdem er ihnen eigenhändig zu Diensten gewesen war – mit
besonderer Fürsorge; zahllosen ³⁸ anderen schenkte er zusätzlich Nahrung.
5. Sein Tisch wurde häufig aufgesucht von Armen, Fremden und Pilgern. Denn
so sehr hatte sich der Ruf seiner Almosen und seiner Barmherzigkeit bei den
Armen verbreitet, dass sie zu ihm gleichsam wie zu einer eigens für sie bestimmten
Vorratskammer von überallher zusammenkamen. Da er ihre Lebensweise ³⁹
aber mehr ⁴⁰ als Geld und wertvolle Steine und alle Schönheit liebte, ehrte er die
Männer dieses Bekenntnisses, deren Haus- und Tischgenossenschaft er ständig
genoss und deren Anwesenheit er nach Gott am meisten verehrte, und unter-
35 Vgl. zu den Schottenmönchen Einleitung, S. 10f. Vgl. zur Frage der Niederlassung von Schottenmönchen
im Mainzer Erzbistum Flachenecker, Schottenklöster, S. 153–158 und 344 und
Burkhardt, Konflikte um das Neue, S. 13f.
36 Iob. 29,25: Si voluissem ire ad eos, sedebam primus; cumque sederem quasi rex, circumstante
exercitu, eram tamen maerentium consolator.
37 Große Hungersnöte soll es im Reich 1145–1147 und 1150–1151 gegeben haben. Vgl. Curschmann,
Hungersnöte im Mittelalter, S. 39f.
38 Ps. 39,13: mala quorum non est numerus.
39 Das heißt wohl das Bekenntnis der Schottenmönche.
40 Ps. 18,11.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften