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Burkhardt, Stefan [Editor]
Vita Arnoldi archiepiscopi Moguntinensis: die Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen; Edition, Übersetzung und Kommentar — Klöster als Innovationslabore, Band 2: Regensburg: Schnell + Steiner, 2014

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Vita arnoldi archiepiscopi moguntinensis: Die Lebensbeschreibung des Mainzer Erzbischofs Arnold von Selenhofen
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https://doi.org/10.11588/diglit.31469#0060
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Edition und Übersetzung 59
stützte sie gleichsam wie ‚Fratres‘ und ‚Patres‘. Tief bewegt von Barmherzigkeit
ließ er jenen Schutzbedürftigen die Hand der Hilfe ohne Unterlass zukommen.
Auch zeigte er sich den Kirchen sehr geneigt und stattete sie mit vielen und
großen Schenkungen um des ewigen Lohnes willen aus ⁴¹ . Es war ihm ein inneres
Bedürfnis, deren Zerstörung aufzuhalten, Zerfallenes und Zerstreutes ⁴² wieder
zu sammeln, damit weder die Nächstenliebe noch die Gottesfurcht nachlasse
oder ermatte.
6. An der Strenge einer sehr disziplinierten Lebensweise hielt er so sehr fest, dass
alle ⁴³ Hochgestellten seine Gegenwart achteten und wenn sie ihn erblickten, aufhörten
zu reden und ihren Finger auf ihren Mund legten. So sehr glänzte die
sittliche Haltung durch das äußerst ehrbare Vorbild seiner Lebensweise, dass jeder,
der diese Erfahrung zu erlangen vermochte, den gefundenen ⁴⁴ Schatz gleichsam
wie eine wertvolle Perle mit sich trug. Beim Gebet und beim Fasten warf er
sich so oft als möglich nieder und gab sich dem Gottesdienst mit solch ehrfürchtigem
Eifer hin, dass er bei der liturgischen Verehrung der allerheiligsten Maria,
auch wenn seine Glieder altersschwach und von vieler Mühsal erschöpft waren,
diesen niemals Ruhe gönnte, es sei denn, er wurde von äußerst schweren Gebrechen
geplagt. Mit dem ganzen Körper zollte er dem Herrn unzählige Kniefälle
unter Tränen und Seufzen.
Und obwohl er wegen des übernommenen Amtes beständig von Diensten für
das irdische Reich in Anspruch genommen wurde, beschlich ihn niemals der
Schlaf; vielmehr erhob ⁴⁵ er sich – gemäß dem Propheten – gar mitten in der
Nacht, um dem Herrn zu bekennen. In der Fastenzeit überdies legte er sich heimlich
eine Büßerdecke unter, verbrachte fast diese ganzen Nächte ohne Schlaf, indem
er sie mit Gebeten, Seufzen und Tränen durchwachte. Zum beispiellosen
Ruhm der Herrlichkeit dieses so großen Mannes kam zudem folgendes hinzu:
Wenn er einmal – sei es aufgrund der Strenge ⁴⁶ der Gerechtigkeit, sei es aus der den
Menschen angeborenen Erregbarkeit – irgendjemandem in aufwallendem Zorn,
dessen ja kein Sterblicher entbehrt, Schaden oder Verlust zufügte, so bestrafte er
sogleich seinen Körper für den Bruch der Disziplin mit Rutenschlägen bis aufs
Blut. Indem er so den vollbrachten Frevel mit der härtesten Marter der Schläge
46 Decretum Gratiani, D. 50 c. 32, § 2: Basilius autem circa delinquentes rigorem iusticiae servandam
ostendit. Otto v. Freising/Rahewin, Gesta Friderici, lib. II, c. 3 (MGH SS rer. Germ.
[46], S. 104, Z. 33–34): sperans ob presentis diei alacritatem eius se animum a rigore iustitie
emollire posse. Ebd., lib. IV, c. 56 (MGH SS rer. Germ. [46], S. 311, Z. 17–19): nisi nos consilio
et auxilio religiosorum virorum, qui spiritu dei aguntur, tam impudicae iniquitati iusticiae
rigorem opposuissemus.
 
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