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Edition und Übersetzung 121
aus dem Haus, der Heimat und vom eigenen Bischofssitz vertrieben hatten –
wollte nicht gewaltsam Hand an sie legen, weder durch Kerkerhaft, noch Fesseln
oder irgendeine Bewachung. Vielmehr empfand er großen Schmerz darüber, dass
sie festgehalten und gefesselt worden waren. Er erteilte den Befehl, dass sie unbeeinträchtigt
und frei abziehen dürften, um die begonnene Reise, die gegen die
Gerechtigkeit gerichtet war, fortzusetzen. Diese, die sich nirgendwo sicher glauben
konnten, erfreuten sich somit bis zur Gegenwart des Kaisers seines
Schutzgeleits. Der ehrwürdige Mainzer erfüllte daher die apostolische Vorschrift,
indem er durch die Entscheidung, eine so widrige Sache zu fördern, das Wort ³¹²
des Apostels befolgte, der sagte: Wenn ³¹³ dein Feind hungert, so gib ihm Speise;
wenn ihn dürstet, so gib ihm zu trinken. Auch den Sinn Davids, des Königs von
Bethlehem und Propheten, hat dieser herausragende Mann, wie zu sehen war,
angenommen. Als der Herr jenem seinen Verfolger, den gottlosesten König Saul,
in der Höhle Odollam in die Hände lieferte, da wollte er, nachdem ³¹⁴ er einen
Zipfel von seinem Mantel abgeschnitten hatte, nicht Hand an ihn legen, indem er
sagte: Der Herr ³¹⁵ soll zwischen dir und mir entscheiden.
49. Mit welchem Aufwand und mit welch großem Jubel – nachdem die Nachricht
seiner Gegenwart sich im Lager des Kaisers durch fliegende Kunde verbreitet
hatte – und wie ausgesprochen ehrerbietig alle Fürsten – außer denen, die ihm
schon vorher eine oder mehr Tagesreisen entgegengekommen waren – dem
Mainzer ungefähr eine Meile entgegen zogen: wenn du das gesehen hättest und
wenn du wahrgenommen hättest, wie sie sich um die Wette bemühten, ihn ³¹⁶ zu
küssen und an ³¹⁷ den Lippen des Erzählers hingen, dann wäre dies ein Tag herrlichen
Erlebnisses. Dicht ³¹⁸ umringt daher von Fürsten und bestärkt von allen
Seiten von den Mächtigen und anderen, deren Zahl man gar nicht angeben kann,
betrat der Mainzer den kaiserlichen Palast unter der Ankündigung des Herolds.
Angesichts einer so großen Verehrung des Bischofs erhob sich die kaiserliche
Majestät und erlaubte ihm, nachdem er seinen Gruß auf ‚deutsche Weise‘ erwidert
hatte, sich zu setzen.
Jener aber, als alle Fürsten um ihn herum standen und große Stille eingekehrt war,
brachte den Streitfall seines erlittenen Unrechts in Anwesenheit seiner Gegner
vor, indem er in eindringlichster Weise die Frage stellte: ob vom Thron des Kaisers
diese so schmerzende Entscheidung ausgegangen sei, dass seine Ministerialen, die
315 1. Reg. 24,13: iudicet Dominus inter me et te et ulciscatur me Dominus ex te manus autem mea
non sit in te.
316 Gen. 29,13: occurrit obviam ei ... et in oscula ruens.
317 Vergil, Aeneis, lib. IV,79: exposcit pendetque iterum narrantis ab ore.
318 Cant. 2,5: Fulcite me floribus, stipate me malis.
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aus dem Haus, der Heimat und vom eigenen Bischofssitz vertrieben hatten –
wollte nicht gewaltsam Hand an sie legen, weder durch Kerkerhaft, noch Fesseln
oder irgendeine Bewachung. Vielmehr empfand er großen Schmerz darüber, dass
sie festgehalten und gefesselt worden waren. Er erteilte den Befehl, dass sie unbeeinträchtigt
und frei abziehen dürften, um die begonnene Reise, die gegen die
Gerechtigkeit gerichtet war, fortzusetzen. Diese, die sich nirgendwo sicher glauben
konnten, erfreuten sich somit bis zur Gegenwart des Kaisers seines
Schutzgeleits. Der ehrwürdige Mainzer erfüllte daher die apostolische Vorschrift,
indem er durch die Entscheidung, eine so widrige Sache zu fördern, das Wort ³¹²
des Apostels befolgte, der sagte: Wenn ³¹³ dein Feind hungert, so gib ihm Speise;
wenn ihn dürstet, so gib ihm zu trinken. Auch den Sinn Davids, des Königs von
Bethlehem und Propheten, hat dieser herausragende Mann, wie zu sehen war,
angenommen. Als der Herr jenem seinen Verfolger, den gottlosesten König Saul,
in der Höhle Odollam in die Hände lieferte, da wollte er, nachdem ³¹⁴ er einen
Zipfel von seinem Mantel abgeschnitten hatte, nicht Hand an ihn legen, indem er
sagte: Der Herr ³¹⁵ soll zwischen dir und mir entscheiden.
49. Mit welchem Aufwand und mit welch großem Jubel – nachdem die Nachricht
seiner Gegenwart sich im Lager des Kaisers durch fliegende Kunde verbreitet
hatte – und wie ausgesprochen ehrerbietig alle Fürsten – außer denen, die ihm
schon vorher eine oder mehr Tagesreisen entgegengekommen waren – dem
Mainzer ungefähr eine Meile entgegen zogen: wenn du das gesehen hättest und
wenn du wahrgenommen hättest, wie sie sich um die Wette bemühten, ihn ³¹⁶ zu
küssen und an ³¹⁷ den Lippen des Erzählers hingen, dann wäre dies ein Tag herrlichen
Erlebnisses. Dicht ³¹⁸ umringt daher von Fürsten und bestärkt von allen
Seiten von den Mächtigen und anderen, deren Zahl man gar nicht angeben kann,
betrat der Mainzer den kaiserlichen Palast unter der Ankündigung des Herolds.
Angesichts einer so großen Verehrung des Bischofs erhob sich die kaiserliche
Majestät und erlaubte ihm, nachdem er seinen Gruß auf ‚deutsche Weise‘ erwidert
hatte, sich zu setzen.
Jener aber, als alle Fürsten um ihn herum standen und große Stille eingekehrt war,
brachte den Streitfall seines erlittenen Unrechts in Anwesenheit seiner Gegner
vor, indem er in eindringlichster Weise die Frage stellte: ob vom Thron des Kaisers
diese so schmerzende Entscheidung ausgegangen sei, dass seine Ministerialen, die
315 1. Reg. 24,13: iudicet Dominus inter me et te et ulciscatur me Dominus ex te manus autem mea
non sit in te.
316 Gen. 29,13: occurrit obviam ei ... et in oscula ruens.
317 Vergil, Aeneis, lib. IV,79: exposcit pendetque iterum narrantis ab ore.
318 Cant. 2,5: Fulcite me floribus, stipate me malis.