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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0047
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2. Analyse des Forschungsstands | 43

bemerkt hierzu: »it certainly gives us a more complex image of the whole reforming
process than the abbot straigtforwardly imposing new customs on his blindly obe-
dient sheep.«127 Für ein besseres Verständnis der klösterlichen »Reformprozesse«
bedarf es daher, wie bereits Wollasch in seiner Kontroverse mit Hallinger ge-
fordert hatte, einer besseren Kenntnis der innerklösterlichen Verhältnisse aber auch
der Beziehungen zur Außenwelt.
2.3. Der Blick in die klösterliche Gemeinschaft
Der Blick in das Innere religiöser Gemeinschaften eröffnete ein sehr weites For-
schungsfeld, aus dem eine Vielfalt von Themen und neuen Ansätzen erwuchs.128
Für die Beschäftigung mit »Klosterreformen« kommt vor allem der Frage nach den
innerklösterlichen Gruppen, nach Konflikten, dem alltäglichen Leben der Mönche
und der klösterlichen Identität eine besondere Bedeutung zu.
Innerklösterliche Gruppen
Klöster waren nicht einfach Gemeinschaften von gleichgesinnten Religiösen, die
sich einem Leben nach einer Regel verschrieben hatten, sondern in ihrem Innern
äußerst komplexe soziale Gefüge, was bereits die unterschiedliche geographische
und soziale Herkunft der Mönche erkennen lässt. Vor allem ab den 1970er Jahren
widmete sich die Schule um Karl Schmid und Wollasch mit ihrem prosopogra-
phischen und sozialgeschichtlichen Ansatz der Frage nach der Herkunft der Mön-
che.129 Durch die Auswertung von Nekrologien und Urkunden gelang es ihnen,
Näheres über die Zusammensetzung von Gemeinschaften, ihre Rekrutierungsprak-
tiken, aber auch über ihre Beziehungen mit der Außenwelt in Erfahrung zu brin-
gen.130
127 I. Cochelin, Community and Customs, S. 239; ebenso bereits J. Wollasch, Neue Methoden; Ders.,
Mönchtum zwischen Kirche und Welt.
128 Allgemein zur Hinwendung der Historiographie zur historisch-sozialen Anthropologie vgl. H. W. Goetz,
Moderne Mediävistik, S. 237-242.
129 Vgl. den grundlegenden Aufsatz von K. Schmid und J. Wollasch, Societas et Fraternitas; Prosopographie
als Sozialgeschichte?; J. Wollasch, Das Projekt »Societas et Fraternitas«.
130 J. Wollasch, Wer waren die Mönche?; Ders., Parente noble; zu Burgund C. B. Bouchard, Sword, Mi-
ter, and Cloister; zu Hirsau K. Schreiner, Sozial- und standesgeschichtliche Untersuchungen; Ders.,
Mönchsein in der Adelsgesellschaft; für einige französische Gegenden wurde in einigen jüngeren Stu-
dien gezeigt, dass die Mönche nahezu ausschließlich aus dem adligen Milieu rekrutiert wurden: für das
Maine B. Lemesle, La societe aristocratique; für die Provence E. Magnani Soares-Christen, Monasteres
et aristocratie; für das Toulousain und das Quercy D. Panfili, Aristocraties meridionales. Kritisch zum
 
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