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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0125
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3. Die Veränderungen durch die correctio | 121

keinerlei Anlass bieten, den Status der Abtei in Frage zu stellen. Simon betont, dass
Lambert den Willen des Pontius erfüllen wollte und sich diesem gegenüber gehor-
sam zeigte. Erst als er sich durch die Intervention des Kastellans von Saint-Omer
der vollen Unterstützung des gräflichen Hofes sicher sein konnte, änderte er sein
Verhalten und begann nun sogar Pontius zu drohen. Lamberts Lavieren, wie es
Sproemberg nannte, hing also von der Unterstützung der flandrischen Großen ab:
Solange das Grafenhaus die Ansprüche des Pontius nicht offen ablehnte, zeigte er
sich seiner Profess entsprechend gehorsam.
Der Bericht Simons macht deutlich, dass sich Lambert seiner persönlichen Bin-
dung an Cluny nicht immer verpflichtet gefühlt zu haben schien. Wie bereits ge-
zeigt wurde, handelte er als Abt und Förderer von correctiones mehr als eigenstän-
dig, ohne Rücksprache mit dem Abt von Cluny gehalten zu haben.513 Poeck sieht
insgesamt im Verhalten des Abtes von Saint-Bertin eine Entwicklung. Er ist der
Meinung, Lambert habe sich in den ersten Jahren noch durchaus an seine Profess
gebunden gefühlt, was sich aber in der Folgezeit ändern sollte. Als Beispiel hierfür
dient ihm ein Brief Anselms von Canterbury an Lambert aus dem Jahre 1107. Es
handelt sich um ein Antwortschreiben auf einen verlorengegangenen Brief des Ab-
tes von Saint-Bertin, in dem dieser seinen Freund offenbar um Rat gebeten hatte.
Lambert sollte nämlich auf den Sitz des Erzbischofs von Reims berufen werden.514
Anselm weist seinen Freund diesbezüglich aber daraufhin, dass es nicht in seinem
Ermessen liege, dieses Amt anzunehmen. Vielmehr solle er sich seines Gehorsams
gegenüber dem Abt von Cluny bewusst sein und dementsprechend handeln.515 Ins-
gesamt ist der Gehorsam das Leitmotiv des ganzen Briefs.
Dass Anselm es für notwendig erachtete, diesen wieder derart in Erinnerung
zu rufen, lässt allerdings vermuten, dass sich Lambert eben nicht mehr seiner Pro-
fess entsprechend verhielt. Aus der Tatsache, dass Lambert den erzbischöflichen
Stuhl von Reims nicht bestieg, zu schließen, er habe sich an sein Gehorsamsgelübde
gegenüber dem Abt von Cluny erinnert und dieses nun befolgt, greift etwas zu
kurz.516 In einer solch wichtigen Angelegenheit wird die Entscheidung des Abtes

513 Siehe dazu unten S. 112.
514 D. Poeck, Cluniacensis ecclesia, S. 98.
515 Anselm von Canterbury, Opera, Bd. 5, ep. 421, S. 367: »Nulla vos cogat necessitas, praeter solam et
puram oboedientiam. Oboedientiam vero nullam ad hoc suscipiatis, nisi a domno abbate Cluniacensi,
cui vos subdidistis. Quod autem dicitis vos malle inoboedientiae culpam incurrere, quam tarn onerosum
opus et operosum onus suscipere: non est meum consilium.« Da Erzbischof Manasses von Reims 1106
starb, datiert E S. Schmitt den Brief in dieses Jahr.
516 Dies impliziert D. Poeck, Cluniacensis ecclesia, S. 98.
 
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