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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0241
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2. Die correct/o von Marchiennes | 237

Männer Fulchards das besagte Haus aus Rache für die Absetzung seines Herrn in
Brand gesteckt habe.992
Am Ende seines Lebens habe Fulchard Buße getan und eine Pilgerfahrt nach
Saint-Gilles unternommen, auf der er schließlich starb.993
2.3. Die correctio unter Amand von Castello
Mit Amand von Castello fiel die Wahl der Brüder von Marchiennes auf einen be-
reits erfahrenen Mönch. Amand war einst Kanoniker der Kathedrale von Tournai
gewesen, bevor er dann zusammen mit einigen Gefährten unter Abt Odo Mönch
in Saint-Martin wurde.994 Er bekleidete in der Folgezeit das Amt des Priors von
Anchin und spielte eine zentrale Rolle während der Krise, die das Kloster nach der
Abdankung Abt Gelduins 1109 zu bewältigen hatte.995 Als Prior verfasste er 1113
kurz nach dem Tod Odos von Tournai einen Brief an die Mönche von Saint-Martin,
in dem er sie über das Ableben ihres ehemaligen Abtes unterrichtete und voller Lob
an dessen Taten erinnerte.996 In eben jene Zeit fällt wohl, wie bereits gezeigt wurde,
Amands erste Wahl zum Abt von Marchiennes, die er zunächst allerdings zurück-
wies. Die Annalen des Klosters verschweigen dies und datieren seine Wahl auf das
Jahr 1116, womit der tatsächliche Beginn des Abbatiats markiert sein dürfte.997
In Marchiennes fand Amand ein »nahezu zerstörtes Kloster« vor.998 Galberts Pa-
trocinium zeichnet das Bild eines trostlosen Ortes: Neben der Vernachlässigung des
Gottesdienstes betont er vor allem den verwahrlosten und unwürdigen Zustand der
A. Franz, Die Messe im Mittelalter, S. 88-92. Er weist darauf hin, dass in den Consuetudines von Cluny
eben dieser Gebrauch dokumentiert wurde: Ulrich, Consuetudines Cluniacenses, II, 30, S. 716: »[...]
unum simplum [corporale] semper ioacet in sinistro cornu altaris, ut a prioribus nostris accepi, propter
hoc ut ad manum possit esse contra periculum ignis, contra quod si forte contigerit creditur a multis,
quia multum valet expansum.« Der Brauch sei aber, wie A. Franz zeigen kann, immer wieder von Syno-
den verurteilt und mit dem Anathem belegt worden.
992 Galbert, Patrocinium, c. 4, S. 152A: »Cujus rei specimen manifestius claruit, quando domum hospitum,
in ipsa curia ejusdem Marceniensis coenobii, in favorem sui & dolorem depositi domini, quidam circum-
cellionum de suis succendere, sicut fama postea promulgavit.«
993 Galbert, Patrocinium, c. 4, S. 152B-C.
994 Hermann, Liber, c. 67, S. 117-118.
995 Vgl. dazu den Brief Amands an Bischof Lambert bzgl. des Amtsrücktritts Gelduins von Anchin und
einen Brief bezüglich der Wahl des Alvisus zum Abt von Anchin (1111), C. Giordanengo (Hg.), Le
registre de Lambert, E 101, S. 466-467; E 112, S. 482-483; siehe dazu unten S. 433-435.
996 Amand von Castello, De Odonis, S. 942-945.
997 Annales Marchianenses, S. 615: »1116. Eligitur Amandus prior Aquicincti abbas decimus.« Man wollte
offensichtlich vermeiden, an eine Wahl Amands vor der endgültigen Absetzung Fulchards 1115 zu erin-
nern, um möglichen Anfechtungen der Wahl zuvorzukommen.
998 Vgl. dazu Hermann, Liber, c. 67, S. 118: »[...] deinde abbas Marceniensis effectus ecclesiam illam pene
destructam [...].«
 
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