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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0246
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242 | II. Die Abtei von Marchiennes

daher zum Teil in Anchin statt. Zum anderen zeigt die kurze Passage, dass dort
wohl vor allem die orationes vermittelt worden waren. Ob Galbert darüber hinaus
mit weiteren Teilen des Ordos von Anchin vertraut gemacht worden war, ist nicht
eindeutig zu klären.
Da man in der Forschung davon ausgeht, dass Anchin den ordo cluniacensis
befolgte, schloss man daraus, dass auch das benachbarte Marchiennes diesen Ordo
übernommen hatte. Diese Vermutung wurde zudem durch eine der wenigen aus
dieser Gegend erhaltenen zeitgenössischen Handschriften des ordo cluniacensis be-
kräftigt.
3.2.2. Die Consuetudines cluniacenses in Marchiennes
Die Bibliotheque Marceline Desbordes-Valmore in Douai bewahrt unter der Sig-
natur ms. 540 eine Handschrift aus der Abtei von Marchiennes auf, die im Zusam-
menhang mit der correctio des Klosters entstanden sein dürfte. Der Kodex besteht
aus zwei Teilen, von denen der erste (fol. lr-69v) die Consuetudines Bernhards von
Cluny und der zweite das Ordinarium (fol. 70r-104v) beinhaltet, in das unter an-
derem eine Liste der Bücher eingefügt wurde, die zur Lesung im Refektorium vor-
gesehen waren.1013 Während der zweite Teil der Handschrift aus paläographischer
Sicht ins 13. Jahrhundert datiert werden kann, weist die Schrift des ersten Teils deut-
lich ins 12. Jahrhundert. Eine Besonderheit der Consuetudines erlaubt es, den Text
in die erste Hälfte des 12. Jahrhunderts zu datieren. Auf Folio 69, das ursprünglich
wohl das Ende der Handschrift darstellte, findet sich im Anschluss an das letzte
Kapitel der Consuetudines Bernhards ein nachgetragener Text, der von einer zeit-
genössischen Hand stammte und von größtem Interesse ist. Dieser Text beinhaltet
nämlich jene Beschlüsse, die 1131 auf dem Generalkapitel der Benediktiner in Reims
beschlossen wurden - und zudem den Verbrüderungsvertrag zwischen den daran
beteiligten Abteien.1014 Gerzaguet geht daher davon aus, dass dieser Text in unmit-
telbare zeitliche Nähe zu den 1131 in Reims gefassten Beschlüssen entstanden sein
müsse. Die Consuetudines-Handschrift sei ebenfalls in dieser Zeit, wohl kurz zuvor
entstanden und datiert somit in den Abbatiat Amands von Castello (1116-1136).1015
1013 Eine Beschreibung der Handschrift Douai, BM, ms. 540 findet sich bei C. Dehaisnes, Catalogue gene-
ral, Bd. 6, S. 341, der die Handschrift aber fälschlicherweise an das Ende des 13. Jahrhunderst datiert.
Zur Aufteilung der Handschrift vgl. auch J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 127. Zur genannten
Bücherliste vgl. U. Berliere, Les lectures de table, S. 27-35.
1014 Zu diesen Beschlüssen, vgl. S. Ceglar, Guillaume de Saint-Thierry et son röle directeur, S. 312-319. Zur
Verbrüderung Marchiennes vgl. J. P. Gerzaguet, Les confraternites.
1015 J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 127; Ders., Les confraternites, S. 302, 320-321.
 
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