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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0270
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266 | II. Die Abtei von Marchiennes

wohl wenig später ausgestellten Urkunde bestätigt derselbe Bischof auch den Besitz
weiterer in der Diözese verteilter Altäre.1108 Auffallend an diesen Urkunden ist, dass
sie lediglich den Besitz der Altäre bestätigen und kein Wort über den Besitz der ent-
sprechenden Dörfer verlieren. Während letztere die Grundlage der mensa conven-
tualis bildeten, stellten die Altäre in den entsprechenden Dörfern die Grundlage der
mensa abbatialis dar.1109 Da die Altäre von Lorgies, Auchy, Haines, Boiry-Sainte-
Rictrude, Abscon und Aniche bereits in einer Urkunde Bischof Lamberts von Arras
von 1103 bestätigt wurden und jene von Gouy und Sailly erst in den Urkunden von
1122 erwähnt werden, müssen sie zwischenzeitlich an den Abt gegangen sein.1110
Auch wenn die beiden ersten bekannten Urkunden Amands von Castello also
offensichtlich darauf abzielen, den Besitz des Abtes zu sichern, hatte er zweifels-
ohne auch den gesamten Besitz des Klosters im Auge. Davon zeugt vor allem die
Urkunde Papst Calixts II. von 1123. Diese Urkunde ist in zwei Versionen erhal-
ten. Pierre Pietresson de Saint-Aubin konnte jedoch zeigen, dass eine der beiden
Urkunden eine äußerst geschickte Fälschung aus der Zeit zwischen 1167 und 1172
ist.1111 In der authentischen Urkunde vom 1. November 1123 ließ Abt Amand den
gesamten Besitz und sämtliche Rechte des Klosters vom Papst bestätigen und ver-
lieh damit den Ansprüchen der Abtei mehr Nachdruck. Nichtsdestotrotz zeigen die
übrigen Urkunden des Klosters, dass die Gemeinschaft und ihr Abt einige größere
Konflikte mit weltlichen und geistlichen Herren zu bewältigen hatten.
Ein erster Fall betrifft Lambert von Reningelst.1112 In einem Schreiben des Ka-
pitels von Therouanne an Graf Karl den Guten erfährt man, dass sich Abt Amand
bei ihrem Bischof über Lambert von Reningelst beklagt habe, da sich dieser gegen
die familia des Klosters gewandt, sie beraubt und ungerecht behandelt und damit
dem Kloster einen Schaden von 10 Pfund verursacht habe. Lambert habe zwar an-
erkannt, dass die familia der heiligen Rictrud gehöre, aber sogleich eingeräumt, dass
er sie weder vom Abt noch dem Kloster erhalten habe, sondern von Daniel von
nostrum necnon et anniversarium tarn p^sentes fratres quam et succedentes perpetualiter celebrare
procurent.«
1108 ADN 10 H 5/35; B. Delmaire, L’histoire-polyptyque, D 3, S. 100-101: »[...] cetera quoque ejusdem
§cclesi§ altaria quorum h§c sunt nomina: in comitatu scilicet Flandrens!, pago Letigo: Lorgias, Alcis,
Hainas, in pago Attrebatensi: Bairis; in comitatu Hainoensi, pago Ostrevanno: Ascon, Hanic cum tota
decima territorii ejusdam vill§, in eodem pago altaria de Sali et Goi qu§ per manus nostras Hugo dictus
abbas prefat^ §cclesi§ in elemosinam contulit.«
1109 Vgl. B. Delmaire, L’histoire-polyptyque, S. 45.
1110 Zur Urkunde von 1103 vgl. B. M. Tock, Les chartes des eveques d’Arras, D 9, S. 15-17, zu jener von
1122 Ebd, D33, S. 48-49.
1111 P. Pietresson de Saint-Aubin, Une bulle fausse unterscheidet eine Version A (vom 5. Februar 1123) und
eine Version B (vom 1. November 1123). Die scheinbar ältere der beiden Urkunden (A) kann er anhand
inhaltlicher Kriterien als Fälschung enttarnen.
1112 Zu Lambert von Reningelst siehe oben S. 161-165.
 
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