Metadaten

Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0305
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
5. Die zeitgenössischen Texte als Überreste der correctio | 301

zu gewähren und wies daraufhin, dass sich Gott seiner erbarme, da er bislang wegen
seiner Übeltaten noch nicht vom Blitz getroffen worden sei und somit Buße tun
dürfe.1232
Diese Aufforderung habe Abt Fulchard weniger berührt, weswegen er sein An-
liegen, allerdings ohne Erfolg, vor die Großen der Grafschaft getragen habe. Der
Bischof habe gut daran getan, wie Galbert bemerkt, Fulchards Versprechen und
Intrigen keinen Glauben zu schenken. Letztlich sei aber unter Bischof Robert eine
gütliche Einigung gefunden worden.1233
Galbert schließt sein Kapitel mit der Nachricht, dass Abt Fulchard sich letzt-
endlich doch noch gebessert habe. Er habe sich nämlich von seinen Verwandten
abgewandt und auf eine Pilgerreise nach Saint-Gilles begeben, wo er, wie berichtet
worden sei, versöhnt mit Gott im Mönchshabit starb und begraben wurde.1234
Im Kontext der correctio der Abtei von Marchiennes kommt diesem vierten Ka-
pitel des Patrocinium in mehrerlei Hinsicht eine besondere Funktion zu. Zunächst
liefert Galbert hier eine recht detaillierte Darstellung der Ereignisse und Argumen-
te, die zur Absetzung Fulchards und zur Wahl Amands von Castello führten. Er
dokumentiert damit für die Nachwelt, welche Umstände zur correctio des Klosters
geführt hatten und legitimiert zugleich den Abbatiat seines Auftraggebers. Unklar
bleibt, weshalb es gerade Ende der 1120er Jahre, also mehr als zehn Jahre nach den
beschriebenen Ereignissen, notwendig wurde, die Rechtmäßigkeit der Nachfolge
Amands zu dokumentieren.1235

1232 Galbert, Patrocinium, c. 4, S. 151C-D: »Electo nostro religioni invigilanti, non tarn ego, quam Domi-
nus, ad permanendum benedixi, & permanebit benedictus. [...] Vere, Frater, ne sit tibi grave: vere dico
tibi, Deus benigne tibi pepercit, quod justo fulmine te non extinxit; quod ad poenitentiam te provocans,
jugum intolerabile collo tuo feliciter subtraxit. Nunc übet tibi soli vacare, nunc neglectum tempus, dum
vacat, potes redimere; animamque tuam de locis poenalibus, dum dies est, eruere. Ceterum ad haec
penitus surdus auditor ipse Domnus Fulchardus, non admittebat ad arcana interioris hominis, quod,
magis solicitus de temporalibus, vix percipiebat aure corporis, nedum cordis, de salute scilicet animae
verba salutifera pervigilis Pastoris.«
1233 Galbert, Patrocinium, c. 4, S. 151D: »Ceterum ad haec penitus surdus auditor ipse Domnus Fulchardus,
non admittebat ad arcana interioris hominis, quod, magis solicitus de temporalibus, vix percipiebat aure
corporis, nedum cordis, de salute scilicet animae verba salutifera pervigilis Pastoris. A superioribus
igitur saepe perorata repetens, durum illud saxum diu evoluebat; persaepe primum cum postremo, vel
postremum cum primo, medio cum utroque conjuncto, sed nullo effectu, conjungebat. Quare toties
repetita, cassa frustrabatur petitione: neque enim a diebus illis jam audebat Praesul promissis ejus,
praesertim fallacibus, credere. Unde etiam ipse Domnus Episcopus saepius incidit; ac pertulit terrorem
periculumque parentum suorum; nec idcirco voluit relaxare rigorem inceptum, tenens, atque continu-
ans constanter in priori dispositione, super eum Dei & Domini nostri, justi videlicet Judicis, datum
judicium.«
1234 Siehe dazu oben Anm. 993.
1235 Abt Fulchard war zu diesem Zeitpunkt wohl bereits gestorben. Denkbar wäre, dass seine Familie im
Zuge der Unruhen, die die Ermordung Karls des Guten zur Folge hatten und im Ostrevent besonders
stark zu spüren waren, Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl Amands erhob.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften