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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0372
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368

5. Die correctio der Abtei ab 1136
Der institutionellen Krise des Martinsklosters wurde nach dem Zeugnis der Vita
Hugonis mit einer correctio begegnet, die zunächst vor allem auf die Einführung
neuer Gewohnheiten abzielte und von Walter, dem neuen Abt der Gemeinschaft,
maßgeblich vorangetrieben wurde. Dieser stammte aus Tournai und war, wie Her-
mann zu berichten weiß, der Sohn Ledberts, eines Kanonikers von Sainte-Marie.
Als nutritus des Bischofs und Kanoniker frequentierte er bereits mit sieben Jahren
das Martinskloster und wurde von Odo dazu ermutigt, das weltliche Leben hinter
sich zu lassen und Mönch zu werden.1483 Dennoch führte Walter fast über 40 Jahre
lang das Leben eines Klerikers, um schließlich nach schwerer Krankheit Mönch in
Saint-Amand zu werden. Aufgrund seiner probitas bekleidete er dort zwei Jahre
lang das Amt des Priors, bevor er schließlich 1136 zum Abt von Saint-Martin ge-
wählt wurde.1484
Der Rücktritt Abt Hermanns und die Wahl Walters zum Abt von Saint-Martin
bedürfen einer genaueren Betrachtung, um die correctio der Abtei ab 1136 besser
bewerten zu können. Erneut bietet die Vita Hugonis hierfür wichtige Einblicke.
Der anonyme Verfasser bemerkt, dass Hugo angesichts der schweren Krise des
Klosters nicht nur inständig zu Gott gebetet habe, sondern sich auch bittend an all
jene gewandt habe, die mit ihrem Rat helfen konnten. Man habe mit Worten und
heilsamen Mahnungen so lange auf Hermann eingewirkt, bis er letztlich sein Amt
niederlegte.1485 Die Vita Hugonis verschweigt allerdings, wer solch großen Druck
auf Hermann ausgeübt hatte, dass er schließlich freiwillig auf sein Amt verzichte-
te. Bedenkt man aber, dass die Vita immer wieder die enge Freundschaft Hugos
mit dem zu dieser Zeit in Tournai lebenden Guerric von Igny und vor allem mit
1483 Hermann, Liber, c. 73, S. 126: »Ledbertus quoque canonicus, pater domni Walteri huius cenobii abbatis
[...].« ebd., c. 108, S. 176: »Post quem ecclesie nostre gubernacula quartus suscepit Walterus, et hic Tor-
naci natus, nutritus episcopi canonicus extitit, vir quidem secundum sibi a deo datam sapientiam zelum
dei habens; qui restaurationem ecclesie nostre commemoratam superius per omnia noscens, utpote qui
septennis erat eodem tempore quo incepta est, ab lenocinia mundi relinqueret et cum coevis suis, filiis
Radulfi prepositi, habitum sacre religionis acciperet.«
1484 Hermann, Liber, c. 108, S. 176-177: »[...] percussit eum gravi invalitudine corporis, et toto stomacho
deficient, hamo suo extraxit eum ab amore secularis vite et in cenobio Sancti Amandi Helnonensis
monachus factus est. Cumque illic per biennium laudabiliter vixisset et pro sua probitate prior ibidem
factus fuisset, quia ex eo tempore non solum monachus Sancti Martini, sed etiam provisor et famulus
totius domus eius ac dispensator omnium in ea Christo famulantium fuit. Qui ordinatus est a domno
Symone anno dominice incarnationis MOC°XXXOVI°, indictione XIIII, concurrente III, epacta XV.«
1485 Vita Hugonis, c. 13, S. 336: »Non defecit oratione ad Dominum, prece ad omnes qui poterant subvenire
consilio apud ipsum, verbis et monitis salutaribus, donec ille cessit et alter qui dignus est in loco eius
subrogatus fuit.«
 
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