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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0455
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4. Veränderungen in den Besitz- und Herrschaftsstrukturen | 451

begründet seine Seelgerätstiftung ob religionis et boni nominis prerogativam.™2
Für ihn standen somit die Reputation und die fromme Lebensweise der Brüder im
Vordergrund. Der Verweis auf die Lebensweise von Cluny war für ihn allerdings
nicht von Bedeutung. Er begnügt sich damit, den Mönchen von Anchin ein weit-
hin bekanntes frommes Leben zu attestieren. Neben dieser Urkunde finden sich
für den Zeitraum von 1100 bis 1130 weitere 17 Urkunden, in denen explizit auf
das Seelenheil des Stifters oder die Begehung seines Jahrtages eingegangen wird.1802 1803
Hierin ein Indiz für die Umsetzung der cluniazensischen Gewohnheiten zu sehen,
ist durchaus problematisch, da das Totengedenken über Cluny hinaus ein wichtiger
Bestandteil monastischen Lebens war.1804
Der aus dem Abbatiat des Alvisus überlieferte Urkundenbestand aus Anchin
erstaunt aber nicht nur durch die große Zahl bischöflicher Urkunden, sondern
gleichermaßen durch die geringe Zahl der gräflichen Urkunden. Von insgesamt
28 Urkunden entfallen 17 auf die Bischöfe und nur drei auf das flandrische Gra-
fenhaus.1805 Gleiches gilt für die Urkunden der Großen der Grafschaft. Uber ihre
Schenkungstätigkeit erfährt man nur indirekt aus den bischöflichen Bestätigungs-
urkunden.1806 Dass eine Schenkung aber unmittelbar einer Bestätigung bedurfte,
deutet daraufhin, dass der Empfänger dem Stifter nur bedingt vertraute oder dass
die Schenkung eventuell Teil einer Konfliktbeilegung war.
Der Fall Gossuins von Avesnes darf als eine dieser unsicheren Schenkungen
gelten, die einer zusätzlichen Bestätigung bedurften. Der Gegenstand der Über-
tragung, zu der Gossuin von seiner Frau überredet wurde, war ein Recht auf eine
Abgabe von vier Denaren, die jedes Haus der Burg von Avesnes zu entrichten hatte.
Abt Alvisus begnügte sich aber nicht mit der Schenkung dieses Rechts, sondern
ergriff die Initiative und trug die Angelegenheit vor den Erzbischof von Reims. Die
Urkunde selbst betont, dass Gossuin vor einer großen Zahl von Zeugen die Über-
tragung dieses Rechts an das Kloster »anerkannte, lobte und zugestand« und es den
Mönchen quasi jure hereditario auf ewig übertrug.1807 Die beschriebenen Umstän-
1802 J. P. Gerzaguet, Les chartes de l’abbaye d’Anchin, D 38, S. 135.
1803 J. P. Gerzaguet, Les chartes de l’abbaye d’Anchin, D 19, S. 113-115; D 20, S. 115; D 21, S. 116; D 22,
S. 116-117; D 24, S. 119-120; D 25, S. 120-121; D 26, S. 121-123; D 28, S. 124-125; D 37, S. 133-134;
D 38, S. 134-135; D 40, S. 136-137; D 41, S. 137-138; D 42, S. 139; D 43, S. 139-140; D 44, S. 141-142;
D 45, S. 142; D 57, S. 153.
1804 So korreliert beispielsweise A. J. Bijsterveld, Do ut des die Zunahme der Schenkungen pro remedio
animae mit der Verbreitung des ordo cluniacensis.
1805 Dabei handelt es sich um zwei Urkunden der Clementia: J. P. Gerzaguet, Les chartes de l’abbaye
d’Anchin, D 28, S. 124-125 und D 41, S. 137-138 und um eine Karls des Guten D 51, S. 148-149.
1806 J. P. Gerzaguet, Les chartes de l’abbaye d’Anchin, D 34, S. 130-131; D 36, S. 132-133.
1807 J. P. Gerzaguet, Les chartes de l’abbaye d’Anchin, D 36, S. 133: »Unde, karissimi nostri Aluuisi vene-
rabilis abbatis monasterii Sancti Salvatoris Aquiscincti supplicationibus, devotam donationem census
qui theloneum vocatur, quam domnus Gozuinus caritate su§ probitatis et suggestione dulcissime uxoris
 
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