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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0526
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522 | Schlussfolgerungen

Klosters gewaltsam brach und damit die Voraussetzungen für die vorzunehmenden
Veränderungen schuf. Seine Unterstützung beschränkte sich jedoch nicht allein auf
die Anfangsphase einer correctio. Vielmehr zeigen die Beispiele, dass der Graf die-
se sogenannten »gräflichen« Abteien auch in den Folgejahren tatkräftig und auf
vielfältige Weise unterstützte. Die Frequenz und die Intensität derartiger gräflicher
Interventionen hingen dabei von der Situation und der Bedeutung der betroffe-
nen Abteien ab. Während der Graf beim Auftakt der correctio von Sint-Pieters in
Gent persönlich anwesend war, lässt sich seine Unterstützung bei der correctio von
Marchiennes nur indirekt fassen. Das Beispiel von Saint-Martin in Tournai zeigt
außerdem, dass auch neuere Gründungen, die zudem in strategisch und politisch
bedeutenden Gegenden gelegen waren, das Interesse des Grafenhauses genossen
und mit seiner Unterstützung und der des gräflichen Kastellans rechnen konnten.
Bei der Förderung der correctio flandrischer Klöster kommt neben dem Grafen
ferner den Bischöfen eine wichtige Rolle zu. Während die ältere Forschung darin
das bischöfliche »Reformstreben« sah, das vor allem auf die Umsetzung der libertas
ecclesiae abzielte, muss diese Sicht relativiert werden.2098 Das Beispiel des Johan-
nes von Therouanne, der bei der correctio von Saint-Bertin zunächst als großer
Förderer und Unterstützer Clunys erscheint, diese Position aber zugunsten der
Interessen des Grafenhauses in das genaue Gegenteil verkehrt, macht mehr als deut-
lich, wie stark seine Interessen und sein Handlungsspielraum von seinem weltlichen
Umfeld abhängig waren. Auch der Fall Anchins lässt erkennen, dass die correctio
dieser Gemeinschaft, die bis dahin vor allem dem Bischof von Cambrai besonders
zugeneigt war, für Lambert, den ersten Bischof des neu errichteten Bistums Arras,
ein wichtiges kirchenpolitisches Anliegen war.
An der correctio der Klöster beteiligten sich schließlich auch die Großen der
Grafschaft, da sie viele Veränderungen direkt oder indirekt betrafen. Entweder un-
terstützten sie, wie im Falle Saint-Bertins belegt ist, das Vorhaben des Grafenhauses
oder sie förderten selbst in einer Art imitatio comitis die correctio von Gemein-
schaften.2099

2098 H. Sproemberg, Alvisus; E. Sabbe, La reforme clunisienne; Ch. Dereine, La »libertas« des nouveaux
monasteres au diocese de Cambrai; P. Endmann, Gerhard II. von Cambrai. Weit kritischer B. M. Tock,
Jean de Warneton.
2099 E Mazel, Monachisme et aristocratie, S. 53-59.
 
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