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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Verlag Schnell & Steiner [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Statuten der Wilhelmiten (1251-1348): Zeugnisse der Verfassung eines europäischen Ordens : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 5: Regensburg: Schnell + Steiner, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.53725#0027
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Einleitung

23

ten dem Orden Einiges ab: Sie hielten ihn in ständige Balance erfordernder Span-
nung, zwangen zu gesetzgeberischer Kreativität in der Ausbalancierung bisweilen
divergierender Interessen und verlangten Persistenz im Kampf um die Existenz
des Ordens.
Ab der Mitte des 14. Jahrhunderts, wo sich auch das Zeitfenster der hier edier-
ten Statuten23 schließt, begann der schleichende Verfall des Ordens. Die genann-
ten inneren Spannungen und wohl noch mehr die Dynamik der die Wilhelmiten
umgebenden, in jeweils spezifischer Hinsicht so sehr ähnlichen Benediktiner, Zis-
terzienser und Augustiner-Eremiten war zu stark. Weil die meisten der italieni-
schen Konvente zu den Benediktinern übergetreten waren, verfügten die nörd-
lichen Provinzen über eine weit größere Zahl an Niederlassungen als die italie-
nische. Auch das Mutterhaus in Malavalle war bald nicht mehr in der Lage, als
Ordenszentrale zu fungieren. Bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
übernahm der Provinzial der französischen Provinz diese Aufgabe, was wieder-
um das duale System aus General- und Provinzkapitel ad absurdum führte. Im
Jahr 1564 schließlich wurde das Mutterhaus in Malavalle durch den Medici-Papst
Pius IV. (J* 1565) kommendiert und 1604 unter Leo XL (f 1605) den Augustiner-
Eremiten übertragen.24 25
Die schrittweise Dezimierung der deutschen Konvente setzte ein wenig zeitver-
zögert, im 15. Jahrhundert, ein. Viele kleine Häuser gingen an die Zisterzienser
verloren, und schon gegen Ende dieses 15. Jahrhunderts war man „häufig nicht
willens oder in der Lage, einen Provinzialprior zu wählen“.2:> Die wenigen insbe-
sondere in Südwestdeutschland verbliebenen Eremitorien wurden in der Refor-
mationszeit aufgelöst, so dass der Orden bereits seit den 1570-er Jahren de fac-
to nur noch aus der französischen Provinz bestand, in der auch sämtliche Hand-
schriften der hier edierten Statuten entstanden.26
Einen weiteren einschneidenden Verlust, diesmal für die französische Provinz,
stellten die Übertritte des Pariser Hauses im Jahr 1618 an die Benediktiner von
St. Vannes und von Grevenbroich an die Zisterzienser im Jahr 1628 dar. Stark
dezimiert bestand der Orden bis ins 19. Jahrhundert weiter. Das letzte Kloster der
französischen, nunmehr alleinigen Ordensprovinz in Huybergen im nördlichen
Brabant wurde 1847 aufgelöst.27

23 Zum Statutenbegriff siehe unten, S. 45-51.
24 Elm, Beiträge zur Geschichte, S. 160.
25 Elm, Einleitung, S. 1090.
26 Zu den einzelnen Handschriften siehe unten, S. 61-70.
27 Elm, Einleitung, S. 1091 und Elm, Beiträge zur Geschichte, S. 162-164.
 
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