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Sonntag, Jörg [Hrsg.]; Verlag Schnell & Steiner [Hrsg.]; Ziegler, Thomas A. [Bearb.]
Die Statuten der Wilhelmiten (1251-1348): Zeugnisse der Verfassung eines europäischen Ordens : Edition und Übersetzung — Klöster als Innovationslabore, Band 5: Regensburg: Schnell + Steiner, 2019

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https://doi.org/10.11588/diglit.53725#0046
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42

Einleitung

Ordenswelt, sondern zumindest als Ideal überall vorgesehen. Offensichtlich hatte
sich die Realität mittlerweile deutlich von der Norm unterschieden.
Neben der Akzentuierung der Finanzen fällt in den Generalstatuten von 1348
das starke Hineinwirken in die Provinzen auf. Dies trifft tatsächlich in höherem
Maße zu als bei den vorangegangenen Generalkapiteln. Geregelt werden u. a. die
Entlassung von Prioren, die Visitation in den Provinzen durch den Provinzial und
dessen Amtszeit (G. 18-23). Jenseits etwa des Verbots für Exkommunizierte, am
Provinzkapitel teilzunehmen (G.30), findet sich ferner ein Gebot zur Wahrung
des eigenen Terminierbezirks (G.32). Selbst die Abschlussgebete auf diesen Pro-
vinzversammlungen sollten offenbar einheitlich sein (G.24-25).
Neben diesen beiden Schwerpunkten (Finanzen und Provinzen) begegnet ein
dritter, nicht unwichtiger: Erstmals nämlich reagieren die Statuten auf das in den
Klostersammlungen zutage tretende Problem uneinheitlicher Statuten ein und
desselben Jahres. Emphatisch heißt es nun, dass etwaige Fehler in den Abschriften
innerhalb eines Monats zu beseitigen seien (G.2).
Der Wille des Definitoriums trotz der großen verfassungsrechtlichen Freiheiten
der Provinzen eine ordensübergreifende Einheit zu stiften, ist kaum zu übersehen.
Wie schon im Jahr 1340 wollte man den Orden tendenziell vereinheitlichen und
ihm neuen Auftrieb verleihen. Hierfür bemühte man auch die integrative Kraft des
Ordenspatrons, schärfen die Statuten doch das obligatorische (tägliche) Vigilien-
gebet für den heiligen Wilhelm wieder ein. Gleiches galt für die tiefe Verbeugung
bei der Nennung des Namens Jesu (G.10,13).
Im letzten Beschluss ordnet das Generalkapitel an, dass „die Briefe der ehrwür-
digen Väter und Herren Generalprioren Markus und Rainer in den Konventen
aller Provinzen, Prioreien und Abteien angeschafft, verwahrt und diesen Statuten
von 1348 hinzugefügt werden sollen”74. Gemeint sind Markus (ca. 1273-1279)
und Rainer (f 1298), die wie Wilhelm (ca. 1260-1290) und anders als ihre Vor-
gänger Johannes und Gubertus keine „Exponenten widerstreitender Gruppen“,
sondern „wirklich überschauende Leiter des Ordens“ waren.75 Was in jenen Brie-
fen stand, lässt sich leider nicht mehr rekonstruieren. Sie erinnern aber daran, dass
selbst die Statuten, nur ein (wenn auch fundamentales) Puzzle innerhalb einer je-
den Ordensverfassung waren. Statuten wurden arrondiert um Privilegierungen
durch Päpste, Könige, Grafen oder Städte und Verträge verschiedenster Art.
Zumindest gemäß der überlieferten Textzeugen bricht die Dokumentation der
Generalkapitelsbeschlüsse mit dem Jahr 1348 ab.

74 Siehe das Statut G.32, unten, S. 310.
75 Vgl. Elm, Beiträge zur Geschichte, S. 110.
 
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